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Hier kann man nun das POND-Buch lesen .

INHALTSVERZEICHNIS

 

 

VORWORT    

 

1 ANFÄNGE      

Als ich ein kleiner Junge war”  *  “ Ganz in weiß”  *  “Mr. Paul Mc Cartney”  *  ”These boots are made for walking”  *  ”The beat goes on”  *  ”Love is in the air”  *  ”A hard days night” *

 

2 STURM UND DRANG    

Mendecino”  *  “Smoke on the water”  *  ”On the road again”  *  ”Scools out”  *  ”Papa was a rolling stone”  *   ”Rivers of Babylon”  *  ”Kam ein kleiner Teddybär”  *  ”Es gibt kein Bier auf Hawaii”  *

 

3 DIE EIGENE BAND    

Wind of change”  *  ”Ein Freund,  ein guter Freund”  *  ”Oh, happy day”  *  “Schaffe, schaffe, Häusle baue”  *    ”Bus stop”  *  ”Fahr'n, fahr'n, fahr'n auf der Autobahn”  *  ”Hey Boss, ich brauch' mehr Geld”  *  ”White christmas”  *  ”Rock me Amadeus”  *  “Looking for freedom”  *  “Stayin'alive”  *

 

4 DIE ERFOLGE     

Planetenwind” *  ”Self control”  *  ”Rock'n Roll-Schuhe”  * ”He Weihnachtsmann”  *  ”Auf der Seidenstraße”  *

 

5 ON TOUR      

In the navy”  *  ”Unter fremden Sternen” * ”Moskauer Nächte”  *  ”Little Drummerboy”  *  ”Save me by the bell”  *  ”Firebrigade”  *  ”Bacardi-Feeling”  *  ”Time to say good bye”  *  ”Gangsters  paradise”  *

 

6 GEDANKEN      

Jenseits von Eden”  *  ”Ein bißchen Frieden”  *  ”100 Mann und ein Befehl”  *  ”Another brick in the wall”  *      ”Live is life”  *

 

7 AUFBRUCH  

Yesterday man”  *  ”Strangers in the night”  *  ”Wenn einer eine Reise tut”  *  ”Da sprach der alte Häuptling der Indianer”  *  ”Flugzeuge im Bauch”  * 

 

8 DIE WENDE     

Allways in my mind”  *  ”Final count down”  *  ”Good bye love, good bye”  *”Der letzte Walzer”  *  ”Fox on the run”  *

 

9 DIE NEUE ZEITRECHNUNG   

It's a shame”  *  ”Spiel mir das Lied vom Tod”  *  ”Let's get ready to rumble”  *  ”Go, Henry, Go!”  *  ”Nice Life”  *

 

10 BACK TO THE ROOTS   

I'am the boss”  *  ”It's a miracle”  *  ”The end of time”  *  ”True love never dies”  *  ”Never give up”  *  ”Und immer, immer wieder geht die Sonne auf”  *  ”The show must go on”  *

 

NACHWORT

 

 

POND DISCOGRAPHIE    

 

 

 

 

 

 

 

 

VORWORT

 

Mannometa - muß der denn nu och noch een Buch schreim?

Ja, er muß! Oder besser gesagt, er will! Vielleicht klingt's nicht ganz glaubhaft, aber so etwas Ähnliches wollte ich schon seit längerer Zeit tun. Dabei kam die Idee gar nicht von mir, denn sobald ich einige Storys aus meiner langjährigen Mugger-Praxis zum besten gab, schmunzelten viele und forderten prompt die sofortige Veröffentlichung in Buchform des soeben erzählten. Da halfen auch nicht meine dezenten Hinweise, daß es zur Geschichte der DDR-Rockmusik schon einiges an Literatur gäbe.

Papperlapapp, meinten die Pondbuch-Forderer, ein vom Musiker selbst geschriebenes Buch, welches über den individuellen Werdegang, über Geschichten und Storys aus seiner Laufbahn sowie den Alltag eines DDR-Rockers beschreibt, ist nach wie vor noch selten.

Vielleicht haben sie recht. Und ich denke zumindest, daß dieses Buch einen kleinen Einblick in die Arbeit, in das Leben und Wirken eines Musikers, der in der DDR aufwuchs, lebte und agierte, gibt. Und das ist vielleicht nicht uninteressant, mitunter mußte man sich eben auch als “Rocker” durchschlagen. Sicherlich klingen im nachhinein viele Anekdoten weitaus rosiger, als sie damals empfunden wurden. Aber so ist das mit den Erinnerungen, im Rückblick wird aus dem weinenden oftmals ein lachendes Auge. Bei allem Humor, es war nicht immer Friede, Freude, Eierkuchen... - doch lest am besten selbst.

Ich wünsche viel Spaß dabei.

 

Paule POND

Februar 2002

 

1   ANFÄNGE

 

”ALS ICH EIN KLEINER JUNGE WAR”

 

Die Faszination “Musik” als solche zu erklären, würde mit Sicherheit den bescheidenen Rahmen dieses kleinen Buches sprengen. Und vor allem wäre es reichlich unsinnig, denn die, die sich durch Musik nicht in irgendeiner Art und Weise angesprochen oder inspiriert fühlen, lassen sich an zwei Händen abzählen. Also bildete ich hier keine Ausnahme, mir ging es schlichtweg wie den meisten Kindern: ich liebte Musik und hörte sie, wo es nur ging. Daraus resultiert auch, daß praktisch jede Erinnerung mit einem bestimmten Lied verbunden ist. Höre ich eben ein bestimmtes Lied, welches mich schon zu Kindertagen begleitete, gehen mir die dazu passenden Erinnerungen durch den Kopf. Oder umgekehrt: ich muß an eine Episode aus meinem Leben denken und prompt taucht dazu eine entsprechende Musik auf. Doch genug, denn ich weiß, auch hiermit stehe ich nicht allein auf weiter Flur. Die Emotionen, die Musik wecken kann, lassen sich sowieso nicht mit Worten wiedergeben. Deshalb läßt sich auch keine Formulierung finden, warum ich Musik nicht nur hören, sondern auch machen wollte. Dieser Wunsch war mittenmal da, beinahe beiläufig. So fingen meine ersten musikalischen Schritte auch ganz bescheiden an, es war nämlich nichts weiter als ein rhythmisches Trommeln an den Fensterscheiben unseres Klassenraums.

Angesteckt hatte mich damit ein Mitschüler, der die Fenstertrommeltechnik dermaßen gut beherrschte, daß ich nur so staunte. Nicht nur, daß er das bis zum Perfektionismus trieb, er brauchte dafür eigentlich nicht mal richtig üben. Zudem sang er alle Lieder aus der damaligen Kult-Radio-Sendung SCHLAGER DER WOCHE a capella, vornehmlich die Schwierigen, und das mit Inbrunst und einem sagenhaften Tremolo, das alle bezauberte. Dabei war es klar - alles Vererbung! Er sah nicht nur südländisch aus, er war es auch. Zumindest seine Vorfahren. Sein Vater war Musiker - na bitte! Mein Mitschüler hatte die Musik einfach im Blut, ich leider nicht. Und das, obwohl mir mein Onkel Kurt einen musikalischen Hinterkopf attestierte. Onkel Kurts Aussagen hatten eine gewisse Amtlichkeit, schließlich war er ein berühmter Regisseur. Nichtsdestotrotz mußte ich mir alles selbst erarbeiten - wie so vieles, wie sich später herausstellen sollte. Den Mangel an Musik im Blut konnte ich jedoch mit Ehrgeiz kompensieren. Davon hatte ich genug, also setzte ich meine Finger an die Glasscheibe und übte. Das brachte mir ein erstes Gespür für Rhythmus und Taktgefühl ein. Böse Zungen fordern übrigens, daß ich letzteres mehr im täglichen Leben anwenden sollte. Meinen Mitschüler, Detta hieß er, verlor ich alsbald aus den Augen, da er die Schule verließ. Erst viel später erfuhr ich, daß er mittlerweile in einer richtigen Beatgruppe Schlagzeug spielte. Das war ein Ding, und die Freude war groß: mein Freund Detta als richtiger Schlagzeuger in einer richtigen Beatband. 

 

 

”GANZ IN WEISS”

 

Die Übungsstunden am schulischen Fenster hatten sich gelohnt, ich war vom Rhythmus infiziert, speziell von dem, der mit der erwachenden Beatmusik daher kam. Das Nonplusultra waren für mich die Schlagzeuger, so daß es eigentlich nur noch eine Frage der Zeit war, bis mein erstes Drumset in der Stube stand. Wobei die Begriffe “Drumset” oder “Schlagzeug” dann doch ein bißchen zu euphorisch formuliert sind, handelte es sich doch um eine verbeulte Pioniertrommel, eine ruinöse Charlestonmaschine - heute kurz Hi Hat genannt - und einem Schlagzeugbecken, das eher einem riesigen Kochtopfdeckel ähnelte, übrigens auch vom Klang her. Egal, für mich war das mein erstes eigenes Schlagzeug, und - keine Frage - ich war mächtig stolz darauf. Ich hatte es direkt neben der Musiktruhe aufgebaut, schmiß den Plattenspieler an und versuchte, die Titel mitzutrommeln. Schallplattenlieferant war Tante Inge aus Schöneberg. Wenn sie aus dem Westteil der Stadt zu uns Ostberlinern kam, hatte sie für mich eine Platte unterm Arm. Das klappte auch immer ganz gut, nur beim ersten Mal erlag meine Tante genremäßig einem Fehlkauf. “Ganz in weiß”, die neue Single von Roy Black, schmuggelte sie erfolgreich durch den antiimperialistischen Schutzwall. Nun, liebe Tante Inge, knapp daneben ist auch vorbei. Doch ich war Diplomat genug, bedankte mich höflich und empfahl für weitere Schallplatteneinkäufe einen Blick ins Rockregal. Tante Inge hatte verstanden, beim nächsten Westbesuch bekam ich den Hit ”Keep on running” der SPENCER DAVIS GROUP. Jetzt konnte es losgehen, allerdings war mein Schlagzeug viel zu laut. Ergo drehte ich das Radio lauter, trommelte dann aber wiederum auch lauter, also das Radio noch lauter usw., bis eben das Radio nur noch Zerrtöne von sich gab und mein Krach derart laut war, daß ich selbst nichts mehr von der Musik hörte. Gottseidank waren alle Mieter im Haus arbeiten, so daß ich diese Art des Musizierens weiter praktizieren konnte. Insgeheim wußte ich jedoch schon längst, so kann es nicht mehr weitergehen.

 

”MR. PAUL MC CARTNEY”

 

Mein Vater hatte sich schon vor längerer Zeit eine richtig gute Musikanlage zugelegt. DasGehäuse bestand aus Preßholz in Marmordekor und stellte einen Kamin dar. Das Feuer loderte in Form von roten Glühlampenflammen. Hinter den beiden Seitentüren war das eigentliche Herzstück. Ein Radioteil und im anderen Fach ein Spulentonbandgerät. Zu dieser Zeit waren dies eine Rarität und das Nonplusultra für jeden Musikliebhaber. Also fragte ich Papa, ob ich es mal benutzen könnte. Ab diesem Zeitpunkt gehörte es quasi mir und meinen Brüdern, eigentlich aber mehr mir. Unser Vater hatte sehr viel für uns getan und immer Verständnis für unsere pubertären Marotten. Er war Straßenbahnfahrer und somit nicht oft zu Hause, meistens kam er erst nachts vom Dienst. Ich erinnere mich, daß z.B. einige Fanposter, die ich über Umwege aus der BRAVO bekam und tagelang auf meinem Schreibtisch lagen, plötzlich eingerahmt an der Wand über meinem Schreibtisch hingen. Das fand ich Klasse. Ich kannte wenige Väter, die so etwas noch taten.

Auf einem der Poster waren die BEATLES, die für mich zu meinen Vorbildern zählten. Speziell PAUL MC CARTNEY hatte es mir angetan, der gefiel mir auch optisch. Deshalb steckte ich mir ein Foto von den Fab Four ein, ging zum Frisör und sagte: ”Bitte solch einen Haarschnitt wie der Herr links auf dem Bild!” Gesagt, getan. Tatsächlich sah ich ein kleines bißchen wie McCartney aus, und prompt nannte man mich auch so - im übrigen bis heute -  Paule. Das gefiel mir und um den Ganzem noch das i-Tüpfelchen aufzusetzen, bastelte ich mir aus einem Kronkorken mit angelöteter Sicherheitsnadel einen Anstecker, ganz neumodisch Button genannt, und schrieb “Paule” drauf. Das sah richtig gut aus und fortan wollte ich den Button immer tragen. Immer war allerdings zwei Tage später vorbei... Ein Herr in zivil sprach mich auf der Straße an und bat um Aushändigung des Buttons. Keine Ahnung, wie das Wörtchen “Paule” die DDR provozieren konnte, aber es war ja eh' soviel unlogisch im kleinen Land mit den schwammigen Sprüchen. Meinen “Paule”-Button wollte ich freilich nicht herausrücken, doch der zivile Herr untermauerte seine Bitte mit der Androhung diverser Konsequenzen.

Das war der Anfang der flächendeckenden Überprüfung und Schikanierung der Staatsobrigkeit gegen die aufkommende Rebellion der Jugend, welche die Gesellschaft und den Staat in Frage stellten. Es war die Zeit der Parker, der Che Guevara T-Shirts, der Buttons und der Beatkleidung sowie der Langhaarschnitte. Eben die Zeit der FLOWER POWER-Jugend. Es war die 68'er Generation. Das war der DDR wohl alles ein bißchen viel, so konnte selbst ein Abzeichen namens Paule gefährlich werden...

 

”THESE BOOTS ARE MADE FOR WALKING”

 

Beatmusik wurde alsbald auch immer mehr etwas fürs Auge. Das war auch mir klar, so investierte ich mein erstes eigenes selbstverdientes Lehrgeld - 80 Mark pro Monat - in meine ersten eigenen Maßschuhe. Maßschuhe hießen sie deshalb, weil sie tatsächlich maßangefertigt wurden. Das waren die damals sehr beliebten Torrero-Schuhe bzw.- Stiefel, die in den 80ern ein fettes Comeback erlebten. 185 Mark kostete das Paar, eine Menge Schotter. Andererseits boten die Läden keine Alternative, so daß man diese Investition nicht scheute. Einziges Manko war, daß man die teuren Schuhe kaum sehen konnte, denn eine beim Schneider gefertigte Twisthose verwährte den Blick. Die hatte nämlich unten so einen breiten Schlag... Erst in Kniehöhe wurden die Hosen wieder enger, dafür aber richtig: nicht selten scheuerte die Hose an den Kniegelenken. Diesem Umstand konnte man jedoch nicht viel Aufmerksamkeit schenken, denn Aufmerksamkeit wurde schon an der Hüfte benötigt, da die Hose an der Hüfte so tief hing, daß man ohne Hemd zweifellos schon die Schambehaarung gesehen hätte. Egal. Hauptsache, die Hose sah gut aus - und sie sah gut aus. Im übrigen ein genialer Trost, denn drin laufen konnte man eigentlich nicht. Sitzen ging noch schwieriger. Selbiger Schneider lieferte auch das passende Beathemd: mit schönen, großen Blumen auf dem Muster. Der Kragen war so hoch und überdimensioniert, daß man den Kopf nur schwerlich senken konnte. Nicht zu vergessen die riesigen Handmanschetten. Komplettiert wurde diese Anzugsordnung mit einem Jackett aus Kord, ebenfalls vom selben Schneider gefertigt. Das waren meist Schneider im Ruhestand, die sich der Beatmode annahmen, um ein wenig ihre Rente aufzubessern. Zu tun hatten sie immer, denn diese Schneidervariante galt nicht als teuer, sondern als einzige Alternative, im Osten halbwegs modern rumzulaufen.

 

”THE BEAT GOES ON”

 

Um Tante Inge als Schallplattenlieferantin nicht zu überfordern, dienten fortan Radio und Tonband als unabdingbare Hilfen, um alles zu erwischen (sprich: mitzuschneiden), was an Musik neu und gut war. Das Fernsehen wollte nicht ins Aus rücken und konkurrierte dem Radio mit der Sendung BEAT-CLUB, freilich wurde keine Sendung ausgelassen. Es war meine Zeit der Lehrausbildung, 1966/67. Die Schule war beendet, die Lehrzeit begann. Neue Freundschaften wurden geschlossen, nachmittags und abends traf man sich in der Clique, in der man nur Gleichgesinnte traf, es gab keinen, der nicht vom Beatfieber infiziert wurde. Regelmäßig feteten wir auch, und um die Frage “Wo feiern wir denn diesmal?” endgültig aus dem Weg zu räumen, beschloss ich, mir die Mühe zu machen, einen eigenen Fetenraum zu finden. Sozusagen den ganz privaten Beatclub. Ich war von dieser Idee schon allein deshalb begeistert, weil ich diesen Raum - wenn wir gerade mal nicht feteten - prima zum Schlagzeugspielen nutzen konnte. Die Suche nach der ultimativen Feten- und Schlagzeugräumlichkeit gestaltete sich nicht einmal schwierig, bei uns auf dem Hinterhof, in Berlin - Prenzlauer Berg, ganz in der Nähe des Alexanderplatzes, war im Erdgeschoß eine kleine Einzimmerwohnung mit Küche schon seit Kriegsende nicht mehr bewohnt. Sicher war die Wohnung in keinem guten Zustand, aber sie war immerhin leer. Vater wiederum pflegte einen guten Kontakt zur Hausbesitzerin und fragte sie einfach. Ich durfte!

 

”LOVE IS IN THE AIR”

 

Somit besaß ich also meinen eigenen kleinen Beatclub. Von meiner damaligen Baustelle in Berlin-Pankow  -  ich lernte Fernmeldemonteur - nahm ich mir jeden Tag zwei bis drei Kunststoffplatten mit, die dort rumlagen. Damit 'tapezierte' ich die  Wände zur optischen und akustischen Aufwertung meines Etablissements. Doch damit nicht genug, ein Original Beat-Club-Schild mußte her und wurde von mir selbst gemalt, zusätzlich die Buchstaben groß aus Styropor an die Wand geklebt. Die Party konnte losgehen. Aber nicht nur die: regelmäßig übte ich von nun an das Schlagzeugspiel. Ich war mir 100%ig sicher: Ich werde Drummer in einer Beatband!

Das war so klar wie Kloßbrühe. Um zu gucken, was läuft, zog ich von Veranstaltung zu Veranstaltung und beobachtete die Szene, die Beatgruppen und insbesondere - klar! - die Drummer. Als ich mal wieder an einem Wochenende zu einem sogenannten Jugendtanz war, es war im Biesdorfer Schloß in Berlin, spielte eine Band, die keinen geringeren als meinen alten Freund Detta, dem  Fensterscheibentrommler in meinem Klassenraum, am Schlagzeug zu sitzen hatte. Detta live zu sehen, gestaltete sich zunächst schwierig. Unmengen von Fans standen bereits Stunden vor Beginn der Veranstaltung geduldig an, um an der Abendkasse eine Karte zu ergattern. Das war durchaus üblich, doch glücklicherweise hatte ich Detta über mein Kommen informiert, so daß er mich aus der sozialistischen Wartegemeinschaft herauszog und mit in den Saal nahm. Diese Faszination, eine angesagte Band live zu erleben, die Spannung des Publikums, dieser ohrenbetäubende Lärm trotz relativ kleiner Verstärkeranlagen, die schon nach einer Stunde Tanz und Drängeln von Schweiß, Alkohol und Nikotin geschwängerte Luft - war der Wahnsinn schlechthin. Dieses Erlebnis ohnegleichen wollte ich immer wieder haben. Und viel mehr noch: ich wollte nicht Konsument sein, sondern Macher.

Detta trommelte sich die Finger wund, verband diese mit Lenkerband und nach der obligatorischen Pause ging es weiter. Schon bald durchdrang sein Blut das Band. ”POOR BOY”, ”FRIDAY ON MY MIND”, ”SEE SEE RIDER” - die ganz großen Hits der Zeit in druckvollen Liveversionen. Heute hier, und morgen schon in der nächsten Stadt. Keine Zeit für die Blasen an seinen Fingern... Das hatte etwas. Obwohl mir Dettas Wunden nicht ganz einleuchteten. Vielleicht lag es an seiner Schlagtechnik? Ich für meinen Teil besorgte mir Literatur und befasste mich mit Schlagtechniken, Schlagzeugaufbau und vielen Grundlagen des Metiers. Es war auch nur noch eine Frage kurzer Zeit, bis ich mir ein richtiges Drumset kaufen würde. Und mir war klar: ich war auf dem richtigen Weg.

 

”A HARD DAYS NIGHT”

 

Nun mußte ich nur noch eine Beatgruppe finden. Genug Musiker kannte ich mittlerweile von den vielen Konzerten, die ich besucht hatte. Die entscheidende Begegnung war das Treffen eines Gitarristen, der gerade dabei war, eine neue Band zu gründen. Die PREMIERS waren geboren, meine allererste Band. Einmal in der Woche wurde geprobt. Wir spielten viele internationale Titel nach, die meisten davon gefielen mir auch selbst. Doch um auch öffentlich Konzerte geben zu können, mußte eine Einstufung her. Man mußte sich bei den Kulturapparatschicks melden, die dann ein Vorspiel organisierten, bei dem einige Kulturfuzzis entschieden, ob man denn überhaupt auftreten darf. So weit, so gut, das waren die Spielregeln, doch eine Bedingung, zur offiziellen Spielerlaubnis zu kommen, stand wie ein riesiger Brocken, der sich nicht einen Millimeter zur Seite schieben ließ, im Weg. 60% der gespielten Titel mußten nämlich aus der DDR bzw. den sozialistischen Bruderländern stammen... Mach das mal, und vor allem: finde mal ein Publikum, welches daran Gefallen fand, nicht ganz so schöne, dafür aber aus dem eigenem Land stammende Rocktitel zu hören... Natürlich gab es eine Handvoll Ausnahmen aus dem Osten, die dem Westimage schon halbwegs nahe kamen, aber es waren nie und nimmer 60%. Wir bemühten uns, aber es artete in einen Krampf aus. Die Einstufung rückte in die Ferne, zwar spielten wir auf innerbetrieblichen Kombinatsfeten und internen Veranstaltungen - hier fragte niemand nach unserer Zulassung und wieviel denn aus dem Osten kommt -, aber befriedigend war das auf Dauer nicht. Dem Frust folgte die Stagnation, Meinungsverschiedenheiten rundeten die bandinternen Querelen ab. Die PREMIERS bildeten ein kleines Kapitel, mir wurde klar, ich muß eine Gruppe finden, die weiß, was sie will und vor allem öffentlich auftreten darf.

 

2   STURM UND DRANG

 

”MENDECINO”

 

Auch wenn mir zunächst nicht klar war, wie ich es genau anstellen sollte, direkt von den PREMIERS aus in einer Profiband zu landen, erwies sich das als gar nicht so schwer: Irgend jemand gab mir den Hinweis, daß eine gestandene Kapelle einen neuen Drummer sucht. Und nicht nur das, ich bekam auch die Adresse von dieser Band. Ich sprach also vor und durfte zum Vortrommeln antreten. Die Musiker waren durchweg schon etwas älter und seit einigen Ewigkeiten im Geschäft. Beim Vorspielen überzeugte ich, Paule war fortan Schlagzeuger einer Profiband. Damit hatte sich mein Traum der Träume endlich erfüllt. Allerdings nur auf dem ersten Blick. Denn ich landete in einer astreinen Tanzmusikcombo. Davon hatte ich jedoch nicht geträumt, schließlich lebte ich für die “richtige” Beatmusik und mal abgesehen von ein paar salonfähigen Rocknummern hatten die Herren Tanzmusiker davon nichts im Programm. Doch ich sagte mir, lächele lieber, denn es könnte noch schlimmer kommen. Also lächelte ich und es kam schlimmer. Nach einer Woche Proben fand die erste gemeinsame Mugge statt. Um 14 Uhr sollte ich dazu am Bahnhof in Doberlug-Kirchhain stehen. Zusammen mit dem Baßgitarristen fuhr ich mit dem Zug. In der einen Hand die Basedrum, in der ein Tom-Tom Platz fand, in der anderen Hand einen Koffer mit sämtlichen vom Drumset benötigten Gestängen. Der Kollege trug meine kleine Trommel und die Becken sowie ein weiteres Tom-Tom. Die Instrumente waren in Leinenhüllen verpackt, was zumindest beim Transport nichts nützte, die Teile waren einfach zu unhandlich. An diesem Tag dachte ich erstmals darüber nach, ob nicht Saxophon besser zu mir paßt. Ganz relaxt im Zug nach Doberlug-Kirchhain mit kleinem Saxophonköfferchen in der Hand. Die Stimmung beim Konzert war mittelprächtig, von “MENDECINO” bis ”PETIT FLEUR” - ab und zu einen Rocktitel - das war’s. Die Herren Chefs, die schon die Hinfahrt mit einem PKW bestritten hatten, zeigten sich gnädig: nach dem Einpacken des Equipments setzte man mich freundlicherweise am S-Bahnhof in Berlin ab. Es waren ja nur noch 3 Kilometer bis nach Hause, und es waren mit die längsten drei Kilometer meines Lebens. Es ist mir heute noch unklar, wie ich es geschafft hatte, diesen Weg mit dem ganzen Krempel in meinen Armen bis nach Hause zu laufen. Was ich aber noch ganz genau weiß, als wäre es erst gestern gewesen: solche Torturen werde ich ganz bestimmt nicht mehr hinnehmen!

 

”SMOKE ON THE WATER”

 

Ich suchte mir also eine andere Band, eine, die 'meine' Musik machte und vor allem in Berlin ansässig war. Und ich fand sie auch: OLYMPIA. Auch die Besetzung war ideal - Gitarre, Baß, Drums und Orgel/Querflöte. Es wurde gespielt, was angesagt war. DEEP PURPLE, JETHRO TULL, IRON BUTTERFLY usw. Auch die Lokalitäten waren Spitze, zumeist die Beatschuppen der Stadt, in Berlin z.B. der Studentenclub der Humboldt-Uni, das Haus der jungen Talente (heute: Podewil) oder das Volkshaus Bohnsdorf. Ähnlich attraktiv die Häuser in allen anderen Bezirken der DDR. Es war eine spannende Zeit. Beat war schließlich immer ein bißchen Revolution. In dieser Zeit lernte ich auch meine jetzige Frau Sabine kennen - und zwar im Berliner Prater. “NIGHTS IN WHITE SATIN” spielte der Diskjockey und wir tanzten miteinander. Wie sich herausstellen sollte, kannten wir uns zu diesem Zeitpunkt schon einige Jahre, denn wir sind zusammen in dieselbe Oberschule in der Schönhauser Allee gegangen. Allerdings war ich eine Klasse über ihr. Und selbst die Lehre hatten wir im gleichen Betrieb absolviert - beim Funk- und Fernmelde-Anlagenbau, kurz RFT. Damals hieß RFT noch nicht “Reicht Fünf Tage”. In all den Jahren der Schulzeit sind wir uns zwar öfter über den Weg gelaufen, kannten uns auch vom Sehen, wechselten aber kaum ein Wort miteinander. Frage mich einer mal, warum... Egal, von nun an sollte sie mir zur Seite stehen und diesen Zirkus mitmachen, den der Beruf des Rockmusikers so mit sich bringt.

Doch zurück zu OLYMPIA: Wir probten regelmäßig und spielten auch ziemlich oft. Ich kann sagen, daß ich in dieser Zeit viel über das Rockgeschäft gelernt habe. Trotzdem geriet auch OLYMPIA an ihre Grenzen. Und freilich hieß die Grenze wieder Einstufung. Es war für viele Gruppen ein schier unüberwindbares Hindernis. Nicht wenige junge, hoffnungsvolle Bands scheiterten an bürokratischen, dogmatischen und/oder politischen Hürden. Und es ging nicht immer nur um Musik bei den Juroren: das Erscheinungsbild zählte nämlich genauso. Lange Haare wirkten sich zum Beispiel gleich negativ aus. Ich kann mich an einen Zeitungsartikel in der ”Unterhaltungskunst” (eine der zwei Zeitschriften über Musik und Kultur in der DDR) erinnern, in der die für Gitarristen unerläßlichen Effekte wie 'Wah-Wah' oder  'Verzerrer' als Beat-und Gammlermaterial bezeichnet und verdammt wurden. Selbst das Wort 'Beat' war eine zeitlang verpönt und sogar anfangs verboten. So wurde ein Konzert von OLYMPIA 1969 in Wernigerode als Jazzkonzert angekündigt. Die Fans wußten nichtsdestotrotz, welche Band kommt. Aber was sollte man in dieser Zeit schon erwarten, in der Ulbricht das Aus des ewigen Yeah! Yeah! Yeah! forderte.

 

Damit brachte Ulbricht einen unfreiwilligen Lacher hervor, überhaupt schien die damalige DDR-Führung einen Hang zum Komödiantischen zu haben, so äußerten hochrangige Politiker echte Kalauer wie “Die Ostsee ist ein Wasser des Friedens” oder ”Kuba den Kubanern und Indien den Indianern”, ein Parteifunktionär sprach eine ausländische Delegation aus Afrika mit den Worten ”Liebe Neger...” an. Aber so lustig war das gar nicht, es bestätigte nur einmal mehr die Meinung der meisten DDR-Leute: “Spitzbart und Brille sind nicht des Volkes Wille”. Aber auch das ließ sich nur heimlich sagen.

Zurück zu den Einstufungen: Neben den Gruppeneinstufungen, die in den meisten Fällen den Beatgruppen sehr wenig nutzten (weil sie eh' keine bekamen) gab es für Amateurmusiker die Möglichkeit, eine Einzeleinstufung zu bekommen. Zwar nicht so wertvoll wie die Bandeinstufung, aber immerhin die Vermutung, daß hier tatsächlich musikalisch-handwerkliche Fähigkeiten beurteilt wurden. In der Praxis sah das dann so aus, daß die Einzeleinstufungen der Musiker und die damit verbundene Honorarhöhe (irgendwo zwischen 4, -- Mark bis 7,50 Mark pro Stunde) sowie einige Zuschläge für Technik und Transport etc. zur Gesamtgage zusammenaddiert wurden. Das war schon was, aber längst nicht alles, denn das ganz große Ziel hieß Berufsausweis, umgangssprachlich Profi-Pappe. Hierfür hätte mancher Mugger alles gegeben. Denn wer keiner geregelten Arbeit nachging, war aus Staatssicht asozial, selbst wenn man genügend Konzerte zum (Über)leben hatte. Und wer asozial war, machte sich strafbar. So landete mancher Popstar aus den Kulturhäusern zwischen Rostock und Suhl nicht auf Amiga-Schallplatte und im Fernsehen, sondern im Knast. Hatte sich für mich bisher auch einiges ergeben oder nahm einfach einen günstigen Lauf - bei der Profipappe hatte ich ein flaues Gefühl. Die war für mich einfach unerreichbar. Gelinde gesagt, pure Utopie.

 

”ON THE ROAD AGAIN”

 

So sehr der Berufsausweis Utopie war, so sehr war er auch nötig. Die Muggen wurden immer mehr, die Proben intensiver. Und selbst wenn man gern einer geregelten Tätigkeit nachgehen wollte, die Frage, die blieb, hieß “Wann denn?”. Diese begehrte Pappe mußte einfach her.

In der einzigen wirklichen DDR-Musikzeitschrift ”MELODIE UND RHYTHMUS” gab ich ein Inserat auf: Schlagzeuger sucht Gruppe - oder so ähnlich. Und tatsächlich meldete sich eine Band bei mir, die all die Vorteile hatte, die ich anstrebte. Es handelte sich um DIE WEGAS, eine Profiband mit Sitz in Oranienburg. Der Chef der Gruppe, Ronald M., war übrigens der Schwager des Baßgitarristen der PUHDYS. Das sollte für uns von Vorteil sein. Wir fuhren zu fünft in einem damals typischen Musikerauto russischer Herkunft - Typ Wolga - über die Lande. Das Equipment war in einem Anhänger verstaut, den der Wolga zog. Auf dem Dach des Pkws wurde eine riesige Baßbox festgezerrt, die fast über den gesamten Wolga reichte. Die Qualität der Songs und der Konzerte war bemerkenswert gut, was sicher auch daran lag, daß alle Musiker der Band über eine fundierte musikalische Ausbildung verfügten. Es wurde richtig viel gemuggt, hauptsächlich an den Wochenenden, dies aber fast immer. Nachts oder besser frühmorgens wurde ich angetütert aus dem Auto geworfen, zumeist gleich vor meiner Arbeitsstelle, da das Eintreffen von der Mugge wieder in Berlin mit dem Arbeitsbeginn meines Dienstes als Fernmeldemechaniker zeitgleich war. Man merkte mir meinen mehr oder weniger alkoholisierten und müdigkeitsgeplagten Zustand an. Noch konnte ich mich mit einer Runde Schnaps oben in der Betriebskantine bei unserer Haushandwerkerbrigade reinwaschen. Dieselbe Runde war aber bereits Freitag früh fällig, da ich schon um 14 Uhr mit der Band verabredet war. Das funktionierte freilich nicht immer, eine Verwarnung folgte der nächsten. Ich mußte etwas tun. Der Berufsausweis mußte her - komme, was da wolle!

 

”SCOOLS OUT”

 

An der Musikschule Friedrichshain im gleichnamigen Berliner Bezirk wurde eine Abteilung eingerichtet, die sich an angehende Profis richtete. Eine reale Chance vielleicht, die Profipappe zu ergattern, dachte ich mir und sprach dort vor. Das Vortrommeln war keine Hürde, wohl aber die Fragen zu Musiktheorie und Noten. Davon hatte ich - nett formuliert - nicht soviel Ahnung. Also verwies man mich zunächst zur Grundstufe, um erst einmal die Grundlagen der Musiktheorie zu erlernen... So saß ich tatsächlich mit einem gleichaltrigen Kollegen, der dasselbe Problem hatte, und zwölf weiteren Schülern zusammen, von denen keiner älter als zehn Jahre war. Nicht nur, daß das noch Kinder waren, die wußten auch noch mehr! Ich selbst verstand nur Bahnhof. In der Pause verließ ich frustriert und peinlich berührt den Klassenraum. Ich schwor mir, mich erst wieder bei der Profiklasse anzumelden, wenn ich das Grundwissen erlernt habe. Ich besorgte mir Fachliteratur und begann zu büffeln, nahm Privatunterricht und lernte. Für die praktischen Trommelübungen baute ich mir ein Trommelbrett mit einer Gummiplatte, auf der ich geräuschlos üben konnte. Das ging sogar auf der Arbeit, wenn man nur gewollt hätte, hätte man mich bei meinen Trommelübungen im Duschraum erwischen können. Auch in der Musiktheorie ging es voran.

Bei der nächsten Aufnahmeprüfung meldete ich mich erneut an und wurde mit der Bemerkung aufgenommen, daß ich eine weitere Chance deshalb bekommen würde, weil ich soviel Fortschritte mache. Na denn, meine Bemühungen wurden erkannt. Und immerhin, es sollte der Tag der Tage kommen: ich hielt meinen ersten Berufsausweis in den Händen. Das war zwar nur ein vorläufiger, doch ich wußte, diese Pappe gebe ich nicht wieder her!Und das Lernen machte auch richtig Spaß.Im Übrigen war es ein Privileg an der 'Spezialklasse der Musikschule Friedrichshain für Unterhaltungskunst' immatrikuliert zu sein.Diese dreijährige Ausbildung umfasste das Hauptinstrument,in meinem Falle Schlagzeug,sowie Unterricht in Musiktheorie,Musikgeschichte/Ästhetik,Blattsingen und vieles mehr.In dieser Form eine einmalige Einrichtung,die von angehenden Unterhaltungsmusikern der gesamten Republik,bei entsprechender Leistung wohlgemerkt,sehr gern genutzt wurde.

 

”PAPA WAS A ROLLING STONE”

 

In Berlin, wie auch in jedem anderen Bezirk der DDR, entwickelte sich ein eigenes 'Rockbiotop'. Es war über die Jahre eine beachtliche Musikszene entstanden, die alle Genres der internationalen Rock- und Popmusik bediente. Dabei wurde zuerst großer Wert auf Authentizität und Originalität in bezug auf die Vorbildinterpreten gelegt, deren Titel man nachspielte. Es gab durchaus einige Gruppen, die die Coversongs in verblüffender Weise fast original interpretierten. STERN COMBO MEISSEN spielte Songs von EMERSON, LAKE & PALMER und TEMTATIONS, SIMPLE SONG übernahm die Countryfraktion, die BÜRKHOLZ-FORMATION imitierte COLLOSSEUM usw. In Berlin gab es eine Band, die mich schon lange interessierte: JOCO DEV. Sie war zwar eine Amateurband, hatte aber den Ruf und die Qualität einer Profiband und wurde im Berliner Raum sowie in einigen weiteren Regionen als Lokalmatador gefeiert. Wer die harten Rocksongs a la DEEP PURPLE, JETHRO TULL, EXCEPTION und GRAND FUNK RAILROAD live hören wollte, kam an JOCO DEV nicht vorbei. Genau das war auch meine Richtung. Als der Drummer-Posten zur Disposition stand, nutzte ich die Chance. Man kannte sich eh' - wir kamen aus der gleichen Ecke - und meine Referenzen als Hardrocktrommler machten möglich, daß ich nicht vortrommeln mußte. Die Zeit bei JOCO DEV sollte meine eigentliche Musikschule werden, im übrigen eine sehr harte. Es wurden meistens Titel ins Repertoire genommen, die werke-ähnlichen Charakter hatten und auch sonst auf der Qualitätsskala ganz oben lagen. Letztlich fand ich das aber gut. So konnte ich mich intensiv mit den einzelnen Passagen befassen und hatte dann im Ensemblespiel gleichberechtigte Partner, mit denen man gemeinsam das hochgesteckte Ziel erreichen konnte. Menschlich gesehen war JOCO DEV eine genau so harte Schule. Als das Feeling für mein Empfinden immer steriler wurde, zog ich den Schlußstrich. Trotzdem möchte ich die Erfahrungen dieser Zeit nicht missen, dazu war sie zu wichtig.

 

”RIVERS OF BABYLON”

 

Die meisten Musiker meiner nächsten Band wohnten wieder in meiner unmittelbaren Umgebung, einige von ihnen nicht mehr als vier bis fünf Häuser von mir entfernt. Ich kannte sie also schon lange Zeit, mehr oder weniger aber nur vom Sehen und Grüßen. Als Band interessierten sie mich jedoch schon länger. Sie machten bereits seit der Schulzeit Musik, ihre Hobby-Schülergruppe avancierte zur echten Band. Sie nannten sich BABYLON. Als sie von meinen Ausstiegsplänen bei JOCO DEV erfuhren, unterbreitete mir BABYLON ein gutes Angebot. Die Band war in der Szene längst ein Geheimtip. Vorwiegend spielte BABYLON schon eigene Titel. Sie begeisterten in großen Häusern - fortan mit mir am Schlagzeug. Meinen kleinen Beatclub auf dem Hinterhof hatte ich mittlerweile verlassen, bezog aber dafür im Vorderhaus einen alten Tante Emma-Laden, der zuvor schon Jahre leer stand. Für105, --Mark im Monat konnte ich das Geschäft als Proben- und Studioraum übernehmen. Das war natürlich die perfekte Sensation, wer konnte schon solch einen tollen Probenraum vorweisen?

Darüber hinaus mußte ich die Miete nicht mal allein auftreiben, die DEFA half mir dabei, da sie den Laden für sämtliche DEFA-Filme mit historischem Bezug brauchten. Die Zeit mit BABYLON war eine sehr schöne, wir verstanden uns menschlich, in den Konzerten wurden wir gefeiert und wir verdienten auch ganz gut. Der Zusammenhalt der Gruppe war sehr stark, so hatte ich das noch nicht erlebt, wir zogen alle an einem Strick. Erstmals folgten Funk- und Fernsehaufnahmen und in unserem Terminkalender standen immer mehr Muggen.

Das zumindest sollte man der DDR zugute halten: Und wenn das Kaff noch so klein war, für eine Rockband gab es immer eine Spielmöglichkeit. Es war praktisch ein DDR-Phänomen, die so verpönte FDJ installierte in jedem noch so kleinen Dorf, in jeder noch so unbedeutenden Stadt einen Jugend- oder Studentenclub. Und wenn das eben nicht möglich war, mietete man den Tanzsaal der nächstliegenden Gaststätte, um darin ein Rock-, Pop- oder sonstwie Musikfestival zu initiieren. Tatsächlich war in manch einem kleinen Dorf im 'Gasthof zur schiefen Linde' mehr Action als im großen, damals geteilten Berlin. Der Eintritt kostete oft nicht mehr als 3 Mark, das Bier 51 Pfennige und ein Schnaps vielleicht eins fünfzig. Sicher, die Löhne waren nicht die fettesten, und zwanzig/dreißig Mark für einen Abend war für einen Jugendlichen auch viel Geld, doch der wußte ja, daß der nächste 15. den nächsten Lohn bringt. Egal, es war immer etwas los. Und wenn wirklich einmal nicht im eigenen Ort, dann eben im Nachbarort. So zogen sowohl die Jugendlichen als auch die Musikgruppen von Ort zu Ort. Das war von offizieller Seite nicht unpfiffig. Die Heranwachsenden waren somit von der Straße. Mittlerweile wurden weniger Bands verboten, nicht jeder Konzertreisende wurde mehr zum Gammler degradiert - mitunter tat die DDR so, als hätte sie den Rock'n'Roll erfunden.

 

”KAM EIN KLEINER TEDDYBÄR”

 

Bei BABYLON konnte ich durch die vielen Konzerte ein nicht nur besser werdender Schlagzeuger sein, sondern auch ein bißchen Managerluft schnuppern. BABYLON hatte nämlich anfangs keinen, der sich um das Organisatorische, um das Buchen von Konzerten usw. kümmerte. Unser Baßgitarrist Dieter W. übernahm diesen Part, kein leichtes Unterfangen: erst die Konzerte, dann die Hotels und nicht zuletzt der Transport mußten organisiert werden. Ganz zu schweigen vom Beschaffen der Instrumente und technischen Anlagen. Ich half bei der Organisation mit und bekam dadurch allmählich einen ersten Überblick über den Aufwand einer gut funktionierenden Rockgruppe. Ab einem bestimmten Zeitpunkt leisteten wir uns dann aber doch einen organisatorischen Leiter, der die Tourneeplanung und weiteres übernahm. Dieser Manager hatte es insofern schon einfacher, weil BABYLON einen ausgezeichneten Ruf hatte. Das ist bekanntlich bis heute so, eine gefragte Band läßt sich eher als eine ungefragte vermitteln. Und BABYLON war gefragt. Fans bestätigten uns ein Gespür für den Wechsel zwischen guten, rhythmischen, rockigen Songs und ruhigen, gefühlvollen Titel. Darüber hinaus waren wir auch für jeden Spaß zu haben: Manfred Hennig, unser Keyboarder, sang im selbstgeschneiderten Bärenfell das in der DDR sehr bekannte Kinderlied”Kam ein kleiner Teddybär” und riß sich in der dritten Strophe den Bärenkopf runter. Zum Vorschein kam seine Naturglatze. Das Publikum tobte und amüsierte sich köstlich. Wir Musiker übrigens nicht weniger.

Es läßt sich sagen, daß ich dieses Lebensgefühl mit BABYLON immer angestrebt hatte. Ich mochte diese übervollen Beatschuppen, in denen es laut und chaotisch zuging. Diese Konzerte waren sogenannte “Jugendtanzabende”, die von 19 bis 24 Uhr andauerten. Drei bis fünf Songs wurden gespielt, dann Pause, die ein DJ ausfüllte, dann wieder fünf Songs, dann wieder Pause. Und so weiter! Die Pausen nutzte man, um zur Bar zu stiefeln und dort in aller Ruhe ein hochprozentiges alkoholisches Erfrischungsgetränk zu schlürfen. Der Weg dahin führte direkt durchs Publikum, die Leute klopften einem auf die Schulter, winkten und zwinkerten einem zu oder äußerten ihre Euphorie verbal. Ein herrlicher Job, ein tolles Leben. Dafür bekam man sogar auch noch Geld. Und wenn man wollte, jede Menge Frauen - wenn man wollte und durfte. Je mehr Konzerte es wurden, um so mehr verdienten wir. Aber halt! Milchmädchenrechnung. Man hatte schließlich auch Ausgaben - und was für welche. Ich meine jetzt gar nicht mal die utopischen Summen für Instrument- und Equipment-Anschaffungen. Zwar wurde man am Tresen der Schuppen immer wieder von Fans eingeladen, doch die obligatorischen Runden für die Kollegen ließen sich dennoch nicht vermeiden. Auch das Essen schlug zu Buche. Wenn ich mich recht erinnere, waren's täglich 50, -- Mark fürs Essen und 8, -- Mark für (alkoholische) Erfrischungsgetränke. Oder war's umgekehrt? Egal, was ich sagen will, das Tourleben war kostenintensiv. Und nach dem Konzert? Soll man sich mir nichts, dir nichts halbbesoffen ins Hotelbett schmeißen? Das wäre doch rausgeschmissenes Geld! Also mußte noch schnell ein 'Rohr' besorgt werden, am besten bei Zeiten und nicht erst, wenn die Theke oder der Dorftresen schon geschlossen hatte. Das klappte nicht immer. Die Schließzeiten der HO-Gaststätten waren des Musikers bitterster Feind. Und war doch noch mal irgendwo offen, schlug das Schicksal dennoch zu: Küchenschluß! Weder Schnitzel, noch Feierabendpüllchen - das Leben eines staatlich geprüften Rockmusikers war nicht einfach.

So ungefähr  sah ein typischer Tag aus:

 

10 Uhr Treff am Probenraum, Einpacken der Instrumente

11 Uhr Einladen aller Instrumente und Anlagen in die Kraftfahrzeuge

12 Uhr Tanken, dann Abfahrt, z.B. nach Erfurt

16 Uhr Ankunft am Auftrittsort

17 Uhr Anlage hochgetragen (hatten Glück, diesmal nur 2 Etagen ohne Lift!)

18 Uhr Instrumente und Anlage aufgebaut - Soundcheck

19 Uhr Beginn Tanzabend

 

Lediglich die Stunde von 18 Uhr bis 19 Uhr war zum Insichkehren, zum Frischmachen am Waschbecken, aus dem mal wieder nur kaltes Wasser kam, zum Bühnengarderobeanziehen und schnell noch eine kalte BOWU (“Herr Ober, die Bockwurst ist ja kalt” - “Wenn Sie was warmes wollen, müssen Se ein Bier nehmen”).

Nach Mitternacht der gleiche Film nur rückwärts: 0.30 Uhr Instrumente einpacken, 1.30 Uhr Instrumente einladen, 2.00 Uhr abfahren. Und bitte, bitte noch eine Bowu. Gern noch kälter als die um 18.00 Uhr. Zu spät, der Kneipier hatte schon lange dicht gemacht. War ihm wohl zu laut oder hat sich über was anderes geärgert. Jedenfalls weit und breit keine Bockwurst. Kein Bier. Kein Schnaps.

 

”ES GIBT KEIN BIER AUF HAWAII”

 

In einem Falle hatten wir jedoch großes Glück. Nach Veranstaltungsende und fünfundvierzigminütiger Autofahrt zum Hotel (wir nahmen immer Hotels in der Nähe...) hingen unsere Mägen bereits in den Kniekehlen. Der Wirt schlief längst den Schlaf der Gerechten, doch der Durst und vor allem der Hunger trieben uns aus unseren Zimmern, in der Hoffnung, irgendwo noch etwas eß- oder trinkbares zu finden. Die letzte Bockwurst war 18 Stunden her. Doch diesmal meinte es das Schicksal gut mit uns. Die Küche war nämlich nicht abgeschlossen. Jeder suchte nach irgend etwas Eßbarem und wurde findig. Reichlich war von allem da: hier ein voller Kochtopf mit köstlicher, noch warmer Soljanka, dort ein Rouladentopf mit wunderbaren Rinderrouladen. Okay, okay, an diesem Topf hing schon ein Namenszettel dran, auf dem stand, für wen die Rouladen morgen bestimmt waren. Uns interessierte das allerdings herzlich wenig. Soll doch Frau Klawutschke, so lautete der Name auf dem Zettel, morgen Mittag etwas anderes essen. Aber bitte keine Schwarzwälderkirschtorte, die uns vom Kühlschrank aus anlächelte. Dazu ein kühles Bier, frisch gezapft versteht sich. So muß das kulinarische Schlaraffenland beschaffen sein. Auch wenn es sich um einen Notfall handelte und wir sonst wahrscheinlich verhungert wären, plagte uns alsbald ein schlechtes Gewissen. Auf Mundraub stand zwar weder Knast- noch Todesstrafe, doch die einsetzende Pein funktionierte uns zu einem Putztrupp um, der alles aufräumte, der alle Spuren verwischte. Ein klein wenig wurden wir aber doch bestraft, statt satt einzuschlafen führte der Weg unweigerlich aufs stille Örtchen;daß heißt ,so still war dieser Ort nun wiederum auch nicht! Wer jemals fette Soljanka mit Schwarzwälderkirschtorte kreuzte, weiß, wovon ich rede. Am nächsten Mittag saßen wir eingeschüchtert und voller Unschuld im Speisesaal. Von unserer nächtlichen Freßattacke war nichts mehr zu sehen, nur Frau Klawutschke kaute etwas unzufrieden an ihrem Essen. Sie war empört, die Geschichte mit der verschwundenen Rinderroulade glaubte sie nämlich nicht und knabberte frustig an einem Gummihacken, der eigentlich eine Fleischboulette sein wollte. Wir wußten jedoch von nichts.

 

3   DIE EIGENE BAND

 

”WIND OF CHANGE”

 

Das Musikerleben mit BABYLON avancierte zur Routine: wir spielten und probten und wir spielten und probten... Dazu noch ein wenig Frust oder ein paar kleine Streitereien, fertig war die Unzufriedenheit. Nicht nur von mir wird behauptet, daß eine Band auch ein bißchen eine Ehe ist. Und bekanntlich kann es auch in der Ehe zu solchen Erscheinungen kommen. Wie im wirklichen Leben: wenn Unstimmigkeiten nicht erkannt und abgestellt werden, ist das meist der Anfang vom Ende einer jeden Beziehung. So auch in der Band. “Wir haben uns auseinander gelebt” hätte ich wohl sagen müssen, gäbe es einen Scheidungsrichter für Rockgruppen.

Bei einer gemeinsamen Veranstaltung mit mehreren Gruppen sahen wir zum wiederholten Mal die polnische Jazz-Rock-Band SBB, die mir sehr gut gefiel. Das waren drei Leute, doch oftmals agierten sie nur zu zweit auf der Bühne: Schlagzeug und Keyboards. Die beiden Musiker waren exzellente Könner auf ihren Instrumenten und kreierten einen völlig neuen Musizierstil. Es war beeindruckend und atemberaubend, was dieses Duo praktizierte. Für mich war klar: so etwas möchte ich auch machen. Freilich keine Kopie, sondern diese Art in Symbiose mit meinen individuellen Mitteln, Möglichkeiten und Auffassungen. Eben nicht 100% SBB, aber auch nicht mehr Drummer sein in einer halbwegs gewöhnlichen Hardrockband. Ich wollte mich einfach weiterentwickeln, ich sehnte mich nach einer Herausforderung. Also wurde mir klar, daß ich mich verändern mußte. Stillstand bedeutet Rückschritt, heißt es so schön. Wie wahr, wie wahr...

 

”EIN FREUND EIN GUTER FREUND”

 

Beinahe beiläufig und vor allem eher zufällig erwähnte ich unserem Keyboarder Manne H. gegenüber meine musikalische Vision. Es kam, wie es kommen mußte: Manne war sofort Feuer und Flamme und nach einer kurzen Bedenkzeit sagte er zu, in das neue Projekt miteinzusteigen. Das fand ich Klasse, denn hier kam alles Gute zusammen: ich brauchte nicht lange nach einem geeigneten Tastenmann suchen, hatte jemanden an meiner Seite, der sowohl menschlich als auch musikalisch zu mir paßte. Auch besaß Manne das notwendige Equipment.

Es war nun an der Zeit, den Kollegen unsere Trennungsabsichten zu übermitteln. Wir drucksten nicht großartig herum,  auch wenn es nicht einfach war, die Wahrheit mußte raus. Wir waren ja nicht die ersten, die eine Band verlassen. Irgendwie wurde unser Ausstieg aus der Gruppe akzeptiert, natürlich war niemand begeistert. Es ist eigentlich immer dasselbe, Musiker, Gruppen, Bands bilden sich und gehen irgendwann auseinander. Meistens gibt es dafür drei Hauptgründe. 1. Aus musikalischen, 2.aus finanziellen und 3. aus menschlichen Gründen. Bei uns waren es definitiv musikalische Gründe. Dieser Vorgang ist absolut normal und geht völlig in Ordnung. Wenn man sich dann noch im guten Einvernehmen trennt, um so besser.

Für mich begann von nun an eine neue Ära. Zuerst mußte ich mir jedoch im klaren sein, daß dieser Entschluß auch eine finanzielle Durststrecke mit sich bringt, da vorerst nur geprobt und gearbeitet wird und eben erst einmal kein Geld nach Hause bringt. Nicht nur, daß es nichts gibt, es mußte auch investiert werden, um solch ein Unternehmen auf die Beine zu stellen. Was sagt meine Familie und vor allem meine Frau Sabine zu dieser Angelegenheit? Doch diesbezüglich brauchte ich mir keine Gedanken machen, denn Sabine stand längst hinter mir und meiner Entscheidung. Eigentlich stand sie immer zu mir, obwohl das Leben mit einem Musiker sicher nicht unbedingt einfach ist. Hinzu kam, daß drei Kinder mittlerweile zu versorgen waren: die Zwillinge Frank und Sascha und unser großer Sohn Sven. Wochenende und zunehmend nun auch innerhalb der Woche auf Tournee, so daß Sabine den Haushalt inklusive Kindererziehung alleine 'schmeißen' mußte...

 

“OH HAPPY DAY”

 

Es war soweit. War Traum Nummer Eins, genau die Profipappe, längst erfüllt, prägte mich ein weiterer Wunsch ähnlich: mein Traum von der eigenen Band. Unser Arbeitsalltag gestaltete sich von nun an folgendermaßen: Treff vormittags 10 Uhr im Probenraum, um gemeinsam zu spielen, zu üben und zu musizieren. Gewisse musikalische Vorstellungen brachte jeder von uns beiden mit, so daß einfach drauflos gespielt wurde. Die gesamte Zeit lief ein Tonband mit, welches zum Tagesende ausgewertet wurde. Vom gesamten Tagesmaterial waren letztendlich fünf bis maximal zehn Prozent brauchbar. Dieser Extrakt wurde dann noch mal genauer bearbeitet, woraus schließlich dann der endgültige Titel oder besser gesagt, das Werk entstand. Werk deshalb, weil viele Kompositionen meist zehn oder fünfzehn Minuten lang waren und eher symphonischen Charakter im weitesten Sinne hatten. Dabei ging zumindest ich recht gezielt vor, was die inhaltliche Grundidee betraf. So trugen die Titel fast alle programmatische Begriffe wie 'Sturmglocke', 'Baumgeflüster', 'Jahr 2000' usw. Es war natürlich jedem Hörer unserer Musik selbst überlassen, welche Gefühle er beim Hören unserer Titel empfindet. Sicherlich ist es aber nicht uninteressant, wenn deutlich wird,  welche Gedanken sich der oder die Autoren bei der 'Schöpfung' des Stückes machten, welche musikalischen und soundtechnischen Mittel eingesetzt werden, um dem programmatischen Inhalt des Titels gerecht zu werden. Um so schwieriger, wenn es sich - wie bei uns - um elektronische Instrumentalmusik handelt. Andererseits kann sich jeder Hörer seine ganz eigenen, individuellen Vorstellungen zu den Titeln machen und sich ganz der Musik hingeben. Dazu gehört ganz gewiß die Fähigkeit, sich in die Musik hineinzuversetzen. Anfangs wurde bei zwei Titeln noch ein Text eingearbeitet, der die Stimmung noch mystischer machte. Dennoch, oder gerade deshalb nahm das Ganze einen leicht kitschigen Charakter an. Also beließen wir es bei rein elektronischer Instrumentalmusik. Offensichtlich war diese Musik, dieser Sound, der damals nur von uns beiden geboten wurde, zu dieser Zeit recht ungewöhnlich. Ich bediente das Schlagzeug und die Perkussionsinstrumente, während Manne die Keyboards spielte. Von Anfang an war klar und von mir fest eingeplant, daß noch ein dritter Mann unsere Besetzung, ebenfalls an den Tasteninstrumenten, verstärken sollte: Frank Gursch, mit dem ich zuvor bei Joco Dev spielte. Auch er war für meine Band der ideale Mann. Ein ausgezeichneter Organist mit einer ebenso hervorragenden Hammondorgel. Solch ein Instrument war äußerst rar und dementsprechend teuer, obendrein fast unmöglich, sie zu erstehen. In der Probenphase war Frank noch bei der Fahne (sprich: Nationale Volksarmee), kam aber nach Beendigung des Wehrdienstes sofort zu den noch laufenden Proben. So waren wir im April 1978, nach fast neunmonatiger Aufbau- und Probenphase ein weiterer Farbtupfer in der inzwischen doch recht üppigen DDR-Rocklandschaft. Nach langer Suche und endlosen Diskussionen fanden wir den Namen POND als passend und geeignet. Kurz und prägnant sollte der Bandname sein, kurz und prägnant wie POND.

 

“SCHAFFE, SCHAFFE, HÄUSLE BAUE”

 

Nach dem Probenstadium mußte ich die Organisation und die technische Ausrüstung, die eine Band benötigt, besorgen sowie alle damit verbundenen Aufgaben lösen. Das fing bei der Beschaffung der dringend benötigten Beschallungsanlage wie Mischpult, Verstärker, Boxen, Kabel, Stecker usw. an. Wie bekannt, gab es leider überhaupt keine professionellen Instrumente offiziell in den DDR-Geschäften zu kaufen, von ein paar seltenen Fällen mal abgesehen. Außer meinem Schlagzeug und ein paar Becken sowie einem Gong, welche ich auf Antrag bei einer Kulturkommission und sehr langen Wartezeiten bekam, gab es sonst nichts derartiges zu kaufen. Entweder mußte man sich das Equipment selbst besorgen und Oma, Onkel, Tante oder sonstige Verbindungen einschalten oder man kaufte dieses auf dem existierenden Privatmarkt zu horrenden Preisen. In der schon erwähnten Zeitschrift”Melodie und Rhythmus” gab es auf den letzten Seiten einen Anzeigenteil, in dem alles angeboten wurde, was meist auf illegalem Weg in die DDR eingeführt worden ist. Die Preise waren astronomisch durch den meist ständig steigendem Umrechnungsschwarzkurs. Dieser Kurs von bis oft 1:10 war durchaus üblich. Dadurch kostete ein hochwertiges Instrument wie z.B.  ein Synthesizer “Yamaha DX 7 “ ca. 18.000 bis 20.000 Ost-Mark. Dafür mußte eine Oma lange stricken oder besser ein Musiker lange spielen. Aber egal. Das Geld, wenn nicht vorhanden, muß erst einmal her. Kann ja später abgestottert werden. So machten viele Musiker Schulden. Schon jemanden zu finden, der einem so viel Geld borgt, war schwer genug. Meine Eltern hatten für meinen kühnen Vorstoß in die totale Selbständigkeit viel Verständnis und gaben mir einen kleinen 'Ankurbelungskredit'. Der Traum von einem kleinen eigenen Häuschen im Grünen rückte zunächst in weite Ferne. Noch wohnten wir zu fünft in einer kleinen 1 1/2-Zimmerwohnung auf einem Hinterhof im Bezirk Prenzlauer Berg. Den Kredit steckte ich in den unerläßlichen und überaus wichtigen Bandbus.

 

”BUS-STOP”

 

Das mag simpel klingen: Kredit kriegen - Bus kaufen... War es aber nicht! Wo sollte man in einem Land, in dem man schon zehn bis fünfzehn Jahre auf einen Trabbi oder einen Wartburg warten mußte, plötzlich einen Bus oder einen LKW kaufen können? Die Kulturbehörden waren freundlich und zauberten amtliche Bestätigungen aus ihren Schubfächern, in denen stand, daß ein LKW für uns genauso wichtig ist wie ein DX 7 von Yamaha. Was die Ämter allerdings nicht zaubern konnten, waren die Busse an sich. Und nur durch Genehmigungen tauchten keine Busse auf. Also war man hier wieder selbst gefragt, durchdachte abstruse Beschaffungsideen und wartete auf das notwendige Quäntchen Glück, welches wir aber alsbald hatten. Der Chef einer anderen Kapelle bot mir seinen “alten” an, der ihm zu unserem Glück mittlerweile zu oll und zu klein war. Für uns war es jedoch genau das richtige, ein Traum von Bandbus. Es war ein LKW Robur LO, Baujahr 1965. Vorn das geräumige Fahrerhaus mit Fahrer und Beifahrersitz. Dahinter eine Sitzbank für vier Personen mit anschließender Trennwand. Hinter dieser befand sich der Laderaum für unser Equipment. Ideal für unsere Zwecke. So konnten wir vorerst alle in einem Fahrzeug fahren. Musiker, Techniker sowie die Bandanlage. So ein edles Fahrzeug war nicht nur ein Transportmittel, es gehörte praktisch zu uns, weshalb wir die Kiste fortan PONDI nannten. Daß so ein PONDI gehegt und gepflegt sein will, war wiederum klar, mein Vater, von allen “Opa Horst” gerufen, nahm PONDI sofort unter seine Fittiche. Jede kleine Wunde, die sich PONDI durch Tourstrapazen zuzog, wurde von Opa Horst ausgemerzt. Das hatte das Fahrzeug einfach verdient, denn so ein Fahrmobil war für Bands nicht nur selten, PONDI war auch extrem schick und vor allem sehr gemütlich eingerichtet. Vor der Vierersitzbank wurde ein Tisch installiert, darüber eine dezente Lampe sowie ein grüner Vorhang zum Fahrer, damit dieser bei nächtlicher Fahrt nicht geblendet wird, wenn die Kollegen Skat spielten oder ähnliche Sachen trieben. Einen eigenen PKW hatte ich zu dieser Zeit nicht, so daß ich mit PONDI auch Schrippen holte oder andere Privatfahrten unternahm. Gelegentlich fuhren wir mit ihm auch in der Urlaubszeit zur Ostsee nach Heringsdorf bzw. Bansin auf Usedom. Vor der Reise wurde er innen gründlich gereinigt und mit Luftmatratzen ausgelegt, auf denen wir dann schliefen. Vorn war das Speiseabteil, hinten befand sich das Schlafgemach. So stellten wir uns auf einen beliebigen Parkplatz eines der vielen FDGB-Heime, die auch zum Anlaufpunkt unserer Hygienebedürfnisse wurden. Zwar verscheuchte uns anfangs ein Dorfpolizist, doch nach ein paar gedrehten Runden mit Pondi unternahmen wir einen erneuten Anlauf, stellten uns eben etwas anders hin. Irgendwann gab der Sheriff auf, ließ sich noch ein paar Autogrammkarten geben und die Sache war gelaufen.

 

“FAHR'N, FAHR'N, FAHR'N AUF DER AUTOBAHN”

 

Wir waren nun also eine richtige Band mit einem eigenen Tourbus, allerdings für diese Zeit in einer sehr ungewöhnlichen Besetzung mit eher untypischen Instrumenten. Ich selbst hatte ein riesiges Schlagzeug, genauer gesagt, waren es sogar zwei Schlagzeuge. Zwei Baßdrums, eine Snare, drei Hänge-Toms, zwei Stand-Toms, HiHat sowie 7 Becken. Und der Clou: hinter mir standen zwei echte Schweizer 'Paiste-Gongs' (wovon einer fast einen Meter Durchmesser hatte) und in der Mitte eine echte Kirchenglocke! Weniger protzend gesagt, eine umfangreiche Drumbatterie. Aber (mit Verlaub): Die größte in der gesamten Republik zur damaligen Zeit. Manne besaß einen legendären Polymoog (ebenfalls sehr rar), darüber stellte er einen Minimoog. Frank spielte auf einer Hammondorgel mit Fußpedal sowie auf einem Hohner D6. In dieser Konstellation mit der Anlage, unserem Bus und bandeigenem Management waren wir ein kleines, autarkes Unternehmen, das von nun an auf Tour quer durch das Land fuhr. Von Rostock nach Suhl, von Magdeburg nach Frankfurt/Oder, von Görlitz nach Schwerin - und umgekehrt. Durch das jahrelange Querfeldeinfahren kannte ich beinahe jeden größeren Ort, konnte ihn in Sekundenschnelle - freilich zum Erstaunen anderer - auf der Landkarte feststellen. Am Anfang fuhren wir Musiker und unsere beiden festangestellten Techniker (einer für den Ton, der andere für Licht und Effekte zuständig) zusammen im Tourbus. Auch packten wir Musiker mit an, wenn es galt, das gesamte Equipment eventuell in den dritten Stock in den Konzertsaal zu tragen. Es war eine Plackerei, denn die Baßboxen wogen fast 100 kg, die Hammondorgel auch und die vielen einzelnen Koffer wurden mehr und mehr. Wenn man bedenkt, daß der Tag um  9 Uhr begann (siehe Ablaufplan) und der Tanzabend um 24 Uhr endete, das ganze Equipment den gleichen Weg wieder runter mußte, verwundert es kaum, daß man nach der Tortour ziemlich fertig war. Danach fuhren wir wieder nach Berlin (z.B. von Rostock). Dann drei, vier Stunden Schlaf, um im Anschluß (z.B.) nach Suhl zu fahren, nach der gleichen Prozedur wieder zurück usw. Es bedarf sicher keiner weiteren Erläuterung, daß dies ziemlich stressig war und an den Kräften zehrte. Doch trotzdem machte es riesig Spaß, man kam viel rum, hatte Erfolg und konnte sich dann in der Woche ein wenig erholen. Ungeachtet dessen mußte die Anlage in der freien Zeit überholt und Pondi gepflegt werden, was die Techniker und Opa Horst erledigten. Wir, die Musiker probten derweil neue Stücke ein und 'nebenbei' kümmerte ich mich um den gesamten organisatorischen Kram. Das hieß, Konzerte besorgen, Hotels klarmachen, Verträge schreiben und Termine für die Werkstatt organisieren. Und schon ging es wieder auf Tournee. Viel Zeit zum Entspannen war also doch nicht drin. Zumindest für mich nicht. Jetzt mag der eine oder andere meinen, ist er doch selber schuld, warum ist der so blöd und spielt an einem Tag in Rostock, und am nächsten in Suhl? Kann der nicht an einem Wochenende Konzerte in Schwerin und Rostock spielen und am nächsten Suhl und Gera? Spart er doch ein bißchen Spritgeld und vor allem etliche Stunden auf der Autobahn...

 

”HEY BOSS, ICH BRAUCH' MEHR GELD”

 

So unlogisch das jetzt klingen mag: es war Konzept zwischen den einzelnen Muggen so weite Strecken zurückzulegen. Es machte sogar Sinn, die Gagen waren nämlich nicht immer üppig und den Ausgaben angepaßt, also mußte das Geld noch anders eingefahren werden. Wobei das Wörtchen “eingefahren” den Kopf auf dem Nagel trifft. Doch der Reihe nach: Wie jeder Musiker eine Einstufung und somit eine Spielerlaubnis haben mußte, war jede Profiband an einer gemeinsamen, möglichst hohen Gruppeneinstufung interessiert. Dazu mußte die Band ein gesamtes Konzert einer Jury vorstellen. In der Regel nutze man für diesen Zweck ein  öffentliches Konzert. Neben dem sogenannten ganz normalen Publikum war eine Einstufungskommission anwesend, die nach der Show entschied, welche Gage die Band fortan verlangen darf. Leider wurden die Gagen immer zu niedrig eingestuft, dabei wurde der Aufwand, den die Gruppen betrieben, immer höher. Besonders bei uns waren die finanziellen Investitionen enorm, da fast alle Instrumente elektronischer Art und somit extrem kostenintensiv waren. Dazu hatte POND eine aufwendig gestaltete Lichtshow, die später mit drei Diaprojektoren sowie einem kleinen Laser plus zwei weiteren Effektprojektoren komplettiert wurden. Zu diesem Zweck ließ ich extra von einem Spezialisten genau auf unser Konzertprogramm abgestimmte Dias anfertigen, so daß wir mit ca. 300 Dias und entsprechender Überblendtechnik eine für damalige Verhältnisse enorme und einzigartige Show verfügten, die ihren Höhepunkt bei Auftritten in Planetarien fand. Dies alles zu organisieren und zu finanzieren, war eine große Herausforderung. Mittlerweile sprach sich unsere Performance sowohl beim Publikum als auch bei den Veranstaltern herum, so daß ich es als durchaus lohnend empfand, diesen Kampf aufzunehmen. Dennoch wurden diese

Bemühungen von der Einstufungskommission leider nicht genügend honoriert. Und jetzt zur “eingefahrenen” Gage: Ein Posten der Gesamtgage setzte sich nämlich aus den Fahrtkosten zusammen. Hier wurde nach Kilometern abgerechnet. 2,19 Mark gab es pro Kilometer. Hätte man seine Wochenendtour nur im Norden gebucht, wären die Reisekosten nicht so üppig gewesen. Also war es uns ein Herzenswunsch, Ochsentouren von Berlin nach Rostock, von Rostock nach Berlin und von Berlin nach Suhl und wieder zurück zu absolvieren. So hatten wir zwar anfangs nur die kleine Gage von 790 Mark, doch die Reisekosten machten das Manko in der Künstlergage wieder wett. Pondi selbst fand das nach außen hin unlogische Tourgebuche weniger schön und quittierte uns öfter mal seinen Dienst. Als wollte er uns sagen: “Wenn man viel fährt, geht auch viel kaputt”, überraschte uns Pondi 14tägig mit dem Platzen eines Reifens, manchmal war's die Hinterachse, die Aggregate gingen sowieso immer wieder kaputt und der Motor mußte auch hin und wieder ausgewechselt werden. Freilich war uns klar, daß diese Lkws eben nicht für überlange Gewalttouren mit überladener Tonnage für die bekanntermaßen nicht gerade luxuriösen Straßenwege konzipiert waren. Doch was sollten wir tun, wir waren jung und brauchten das Geld. Und trotz aller Reparaturen, Wartungen und Ersatzteile war noch immer mehr in der Bandkasse als bei Touren mit kürzeren Fahrwegen. Zudem hatte ich mir im Laufe der Zeit verschiedene Werkstattquellen erschlossen, wo ich relativ preiswert und vor allem schnellstens bedient wurde. Entweder waren es Privatfuhrunternehmer, die noch über alte Connections ihrer ehemaligen VEB-Betriebe verfügten oder aber offizielle Werkstätten, in denen man die Kollegen mittels eines ökonomischen Hebels, von bösen Zungen auch Schmiergeld genannt, überzeugen konnte. Frei nach dem Motto ”Wer gut schmiert, der gut fährt” lief es nach und nach wie geschmiert. Ging etwas kaputt, wurde es schnellstmöglich repariert. Auf Tour war die ganze Sache natürlich erheblich schwieriger, denn die Infrastruktur meiner hart erarbeiteten 'Beziehungen' stand mir hier nicht zur Verfügung. Aber mit starkem Willen und gleicher Rezeptur wurden auch unterwegs die Probleme gelöst, teilweise sogar neue 'Ersatzteilmärkte' erschlossen. Der Nachteil dieser fahrtkostenorientierten Tourneegestaltung waren die elend langen Fahrzeiten. Dafür spendierte ich unserer gesamten Crew als Belohnung stets gute bis sehr gute Hotels. Meist griffen wir immer auf die gleichen zurück, so daß uns die jeweilige Hotelbelegschaft alsbald kannte. Das brachte nur Vorteile ein: wir bekamen noch nachts Getränke oder kalte Platten, um uns nach vollendeter Arbeit zu stärken und beim Feierabendschnaps und etwas Fernsehen zu frühmorgendlicher Stunde zu entspannen, um dann todmüde ins Bett zu  fallen. Am nächsten Morgen erwartete uns ein reichhaltiges Frühstück, selbst zu verspäteter Zeit, denn es wurde richtig ausgeschlafen. Die getankte Energie mußte nun aber bis zum späten Abend ausreichen, da man wieder einen langen Weg vor sich hatte. Das Fahren selbst war eher eintönig, verglichen mit der heutigen Straßensituation pure Erholung. Staus gab es so gut wie nie. Und nachts war es zumindest auf der 'Dresdner Autobahn' ein Ereignis, wenn man von einem Fahrzeug überholt wurde. Und wenn man doch mal überholt wurde, waren das meist Musikerkollegen von anderen Bands, denn sonst war kaum einer unterwegs. So rasten wir mit ca. 80 km/h durch die Lande, kamen viel rum, sahen schöne Landschaften und lernten jeden Winkel der Republik kennen. Im Frühling, im Sommer, im Herbst und im Winter.

 

”WHITE CHRISTMAS”

 

Eigens für die letztgenannte Jahreszeit, also den Winter, ließ ich in Pondi eine Dieselheizung einbauen, die zwar pro Stunde 1,5 Liter Kraftstoff verbrauchte, dafür aber eine Wärme entwickelte, die uns alle im Turnhemd fahren ließ, während draußen bei minus 15 Grad Celsius der Schnee tobte. Das war natürlich was, doch eines Tages zerschlug ein Stein vom Streusand eines überholenden Pkws unsere Windschutzscheibe. Schluß mit lustig! Es war auch noch Wochenende, konkreter: Sonntag. Dazu Vorweihnachtszeit und keine Werkstatt offen. Weit und breit kein Mensch zu sehen und Termindruck. Was also tun? Wir hatten noch ein Konzert zu absolvieren, dann wäre sowieso erst einmal frei. Mit Loch in der Scheibe ging es weiter, bis wir an einer Gärtnerei vorbei fuhren. Dort geklingelt, überredeten wir den guten Mann (es war der Gärtner!), uns durchsichtige Plasteabdeckfolie zu überlassen. Die Folie banden wir um die zerschlagene Frontscheibe und klemmten sie in beide Fahrertüren ein. Eigentlich waren wir schon spät dran, denn um 17 Uhr sollte das Konzert in Hartha im 'Flemminger Hof' (Sachsen) beginnen. Und es schneite, es war kalt. Unser Atem ließ die Folie beschlagen. Also schnitten wir ein kleines Guckloch in die Folie. Toni, der Fahrer, setzte sich eine Pudelmütze auf den Kopf und den zweiten Schal so dicht an die Augen, daß er gerade noch etwas sehen konnte. Es sah alles ganz gruselig aus. Wie ein außerirdisches Gefährt, das von einem anderen Stern kommt. Nur, daß der Fahrer kein Marsmännchen, sondern ein Vermummter war. Nichtsdestotrotz sollten wir unser Ziel Hartha erreichen. Zwar etwas verspätet, aber immerhin persönlich. Mit Hilfe vieler Leute konnten wir unser Konzert sogar fast pünktlich beginnen. Es war ein fantastisches Konzert. Im übrigen war das immer so, um so stressiger das Vorgeplänkel, um so schöner das Konzert.

Nach Veranstaltungsende und verstauter Ladung saßen wir nun da und überlegten, was zu tun ist.Wenig Schnee, aber kalt. Bis zum Hotel in Dresden war es weit. In der näheren Umgebung war zu dieser Stunde kein Hotel zu kriegen. Was blieb uns anderes übrig, als loszufahren? In Pondi war es bereits ziemlich ungemütlich, keiner konnte ein Auge zu machen, dafür war es einfach zu kalt. Doch ich sagte mir mal wieder: Lächele, denn es kann schlimmer kommen. Also lächelte ich, und es kam schlimmer... Es fing nämlich an zu schneien. Also nicht ein paar Flocken heruntergeworfen, sondern Schnee en masse. Wenn ich nämlich schneien sage, dann meine ich auch schneien. Ein richtiger Schneesturm, der so stark war, daß innerhalb kurzer Zeit der gesamte Fahr- und Fahrgastinnenraum - unsere doch so schöne Wohnstube - mit einer zehn Zentimeter starken Schneedecke zugeschneit war. Im Vergleich zur unerbittlichen Kälte störte der Schnee jedoch kaum. Durch den Fahrtwind sowie durch das immer größer werdende Guckloch drang eine erbarmungslose Kälte in das Wageninnere. Es war nicht mehr auszuhalten, also hielten wir an und zogen alles über, was wir dabei hatten: Schlafanzug, Bühnengarderobe, sogar Tücher und Decken, mit denen teilweise unsere Scheinwerfer umwickelt waren. Die Kälte schmunzelte und ließ uns weiter frieren. Wir wußten, kein Schlafanzug und kein Tuch dieser Welt konnte diesen Ausnahmezustand halbwegs erträglich machen. Und es waren noch vierzig lange Kilometer bis nach Dresden. Die vierzig längsten Kilometer meines Lebens. Doch dann endlich die Autobahnabfahrt und das Licht der ersten  Vorortlaternen - und schließlich unser Hotel. Stocksteif gefroren und völlig apathisch schlichen wir aus dem Bus und schleppten uns ins Foyer. Muß ein toller Anblick gewesen sein, mit Schneehäubchen und Bühnenkleidung der eine, mit Eiszapfen und Schlafanzug der andere. Nach der obligatorischen Anmeldung an der Rezeption konnten alle plötzlich auffallend schnell laufen. Auf dem Weg zu unserem Vierbettzimmer überholte einer den anderen. Im Zimmer angekommen, flogen die Kleidungsstücke nur so durch die Gegend. Jeder wollte zuerst unter die Dusche. Der Befehl, daß der Kapellenleiter diese zuerst benutzen darf, wurde überhört, sogar wissentlich ignoriert. Da half auch eine Drohung mit Gagenabzug und dergleichen herzlich wenig. Nach der heißen Brause endlich ins Bett. Nach zehn Minuten wurde es immer ruhiger. Einer nach dem anderen schlief entspannt und zufrieden, jedoch entkräftet ein. Es war ein sehr (Achtung Wortwitz) hartha Tag!

 

”ROCK ME AMADEUS”

 

POND hatte sich mittlerweile etabliert, wir gehörten zum festen Stamm der Profirockgruppen. Auch die Medien wie Funk, Fernsehen und Presse ließen nicht lange auf sich warten. Von der Konzert- und Gastspieldirektion Cottbus erhielten wir einen sogenannten Fördervertrag. Dieser sah die Betreuung und Unterstützung der Gruppe vor, indem wir Konzerte vorwiegend im Bezirk Cottbus vermittelt bekamen. Auch einen 'Mentor' konnten wir uns nun leisten, der nichts anderes als ein gewöhnlicher Musikredakteur war. Dieser hatte nichts weiter zu tun, als uns hier und da in einer 'seiner' Sendungen unterzubringen, was er eh' mehr oder weniger häufig getan hätte. Für diese 'Arbeit' wurde er mehr als fürstlich bezahlt und finanzierte sich so zumindest teilweise seine geliebte Rennpappe (sprich Trabbi). Viel effektiver und anspruchsvoller war das Angebot der KGD Cottbus einer Zusammenarbeit mit dem COTTBUSER SINFONIEORCHESTER. Dieses nahmen wir dankend an und probten fortan einmal wöchentlich gemeinsam in einem Gasthof in Werben bei Cottbus im heutigen Landkreis Spree-Neiße. 'Zum Stern' hieß der Gasthof und heißt er noch heute. Damals war es eine Hochburg für alle namhaften Rockgruppen des Landes. Einen jener Säle, die - in diesem Falle - schon auf eine 400jährige Gastronomietradition zurückblicken können. Schon der bekannte wendische Schriftsteller MATO KOSYK war in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in dieser Wirtschaft Gast. Der Kneipier war für alles zu haben, warum denn nun nicht auch noch ein Symphoniker gegen Rockmusiker-Wettkampf? So zumindest war unser erster Eindruck beim Aufeinanderprallen dieser doch offenbar so gegensätzlichen Welten. Man stelle sich vor, daß ca. dreißig  E-Musiker eines Sinfonieorchesters mit klassischer Ausbildung und gleichbedeutender Ausstrahlung auf zwei langhaarige und einem kahlköpfigen eher lockeren 'Jugendtanzmusiker' drauflosgelassen werden, in der Hoffnung, gemeinsam harmonisch zu musizieren. 30 klassische Musikinstrumente versus 3 (in Worten: drei) mal modernes High-Tech-Equipment - beide Parteien wußten zunächst nicht, was sie voneinander halten sollten. Von der E-Musikfraktion wurden ständig objektive Unzulänglichkeiten moniert, die erst einmal geklärt werden mußten. Die Saaltemperatur war um 4 Grad zu niedrig, die Beleuchtung zu dunkel, der Schlagzeuger (also ich) zu laut, die Standpositionen der Musiker zu ungünstig und überhaupt... Klappt so etwas? Plötzlich aber ein Riesenerstaunen der Sinfoniker, als über unsere Verstärkeranlage sagenhafte, voluminöse und bombastische Streicher-, Bläser- und Harfenklänge in den Saal geschmettert wurden. Die Blicke sämtlicher Musiker einschließlich des Dirigenten werde ich nicht vergessen. Ja, wie ist denn so etwas möglich, daß aus einer schwarzen Holzkiste mit Tasten dran solch verblüffend echte Klänge kommen können? Von da an war erst einmal das Eis gebrochen. Als dann noch die wirklich nicht einfachen Werke von uns Dreien auch musikalisch perfekt dargeboten wurden, waren wir als Partner zumindest für dieses Projekt voll akzeptiert. So bestritten wir gemeinsam - Pond und das Sinfonieorchester Cottbus - eine Reihe gelungener Schülerkonzerte, an denen ganze Schulklassen eingeladen wurden. Hauptbestandteil des Programms waren Eigenkompositionen von POND sowie die Klassiker: Die 6. SINFONIE von BEETHOVEN und ”BILDER EINER AUSSTELLUNG” von M. Moussorski in der Fassung von EMERSON, LAKE & PALMER. Diese Konzerte waren eine interessante und erfolgreiche Erfahrung für alle Beteiligten, einschließlich des Publikums.

 

”LOOKING FOR FREEDOM”

 

Auch auf den harten Rockbühnen behaupteten wir uns immer mehr, erlangten einige Preise und Auszeichnungen. Trotzdem war es an der Zeit, das gesamte Repertoire zu überdenken und nach neuen Wegen zu suchen. Da ich schon seit längerer Zeit ein Fan der sogenannten elektronischen Instrumentalmusik war, begann ich, mich differenzierter mit dem Gedanken anzufreunden, solch eine Art von Musik zu praktizieren. Viel war bisher nicht so bekannt von dieser Spezialrichtung der Musik, aber sie faszinierte mich. Nach langen Überlegungen, Diskussionen und Gesprächen innerhalb der Gruppe einigten wir uns dahingehend, daß Manne und ich alleine weitermachen und Frank Pond verläßt, da er sich dieser 'Machart' der Musik nicht verbunden fühlte. Schade, denn ich habe ihn als Musiker sehr geachtet. Er war aber stets ein Rockmusiker der 'Handmusik' (an seiner geliebten 'Jette' - der Hammondorgel). Obwohl dies ja kein Widerspruch sein muß, verließ er die Band, fand aber sehr schnell Anschluß an weiteren namhaften Profirockbands. Nun waren wir also wieder zu zweit. Das erste Rundfunkkonzert, welches live mitgeschnitten werden sollte, war bereits in vier Wochen. Dort wollten wir uns natürlich mit unserem neuen Konzertprogramm in der neuen Besetzung vorstellen. So probten wir beide intensiv und hart, absolvierten unsere Premiere zur vollsten Zufriedenheit. Leider sollte meine Freude nicht allzulange anhalten, denn bereits ein halbes Jahr später teilte mir Manne seinen Wechsel zu UTE FREUDENBERG & GRUPPE ELEFANT mit.

 

”STAYIN' ALIVE”

 

Viele verstanden diese Entscheidung nicht. Zuerst machte er bei Pond doch recht anspruchsvolle Instrumentalmusik, jetzt bediente er in einer 'Schlagerband' im Hintergrund die Keyboards. Vielleicht war es das schnellverdiente Geld in einer sehr bekannten und damals äußerst beliebten Gruppe doch verlockender? Ich weiß es nicht! Für mich brach eine Welt zusammen. Der Freund und Partner, mit dem ich alles aufbaute, der auch optisch der führende Kopf war, verließ nun Pond. Eigentlich bedeutete dies das Aus für die Gruppe. Was habe ich falsch gemacht? Bin ich zu schnell vorwärts gegangen? Hätte ich doch den eingefahrenen Weg weitergehen sollen? Ich suchte nach einer Antwort. Lange Zeit überlegte ich. Letztendlich kam ich zu dem Schluß, daß ich doch auf dem richtigen Weg bin. Ich muß ihn nur weitergehen, sagte ich mir. Nach einigen weiteren Überlegungen und Gesprächen mit meiner Frau Sabine war klar: Es geht weiter! Uns war klar, daß viele Hürden und Probleme zu lösen sein würden, die ganze Arbeit  und der immense Aufwand kamen einer Neugründung gleich. Die gesamte Keyboardburg von Manne, die sehr teuer und schwierig zu beschaffen war, mußte nun ich auch noch besorgen. Der Bandbusanteil mußte ausgeglichen werden. Und vor allem, ich brauchte eine neue Besetzung. Hinzu kam, daß viele Veranstalter überrascht waren, daß Pond noch besteht, da sie eben der Meinung waren, daß Manne der 'Kapellenleiter' wäre. Oder sie vertraten die Meinung, daß ohne den Glatzkopf die Band nicht lebensfähig ist .Und überhaupt - gibt es denn noch eine Chance für eine Weiterführung der Band? Nun, sie gab es!

Ich machte Nägel mit Köpfen. Wanderte ich bisher während der Konzerte zwischen meiner Schlagzeugbatterie und meinem kleinen Keyboardturm den Titeln entsprechend hin und her, entschloß ich mich, mein gesamtes Schlagzeug, außer den beiden Gongs und der Glocke, zu verkaufen, um von nun an nur noch Keyboards und Computer zu bedienen. Leicht viel mir die Entscheidung nicht, da ich sehr am Schlagzeugspielen hing. Aber ich erkannte die Zeichen der Zeit und wagte den Sprung in die andere musikalische Richtung. Diese Elektronik faszinierte mich sehr. Es war eine andere Welt. Es machte mir sehr großen Spaß und war obendrein eine große Herausforderung. Im übrigen gibt es eine Reihe namhafter Musiker, die eben diesen gleichen Schritt vom Schlagzeug zum Keyboard gingen. Klaus Schulze und Christoph Franke (Tangerine Dream) zum Beispiel. Beide heute Elektroniker, in den bekanntesten Formationen der Elektronischen Instrumentalmusik noch dazu. Außerdem Udo Lindenberg. Früher Drummer bei Klaus Doldinger's PASSPORT. Der Rest ist bekannt. Und trotzdem ist es wie Abschied nehmen. Dennoch sollte ich Jahre später zumindest teilweise zu den Drums zurückkehren.

Die fehlenden Synthesizer und kleinen Computer hatte ich mir inzwischen unter abenteuerlichen Wegen besorgt.Christian K.,ein Westberliner Musiker,mit dem ich mittlerweile befreundet war unterstützte mich in dieser Angelegenheit. Wie bereits erwähnt, mußten diese unerläßlichen Instrumente neu beschafft und vor allem finanziert werden. Also wurden wieder Schulden gemacht. Nach wiederum nervenaufreibenden Transaktionen besaßen wir nun den bis dahin fehlenden Polymoog - das Hauptinstrument für 'meine' Musik. Nach einem kurzen Zwischenstop eines Musikers, der aushalf, fand ich einen Keyboarder, der meiner Meinung nach von seiner Arbeitseinstellung und vor allem auch menschlich zu mir passen sollte: Harald Wittkowski, kurz Harry. Zwar kannten wir uns optisch aus der Musikerszene, persönlich hatten wir bis dahin aber noch keinen Kontakt. Obwohl - und das ist kurios - er auch kurzzeitig in den Berliner Bands spielte, in denen ich langjährig mitwirkte: JOCO DEV und BABYLON. Als ich ihn ansprach, um mit ihm über mein Vorhaben zu reden, spielte er in einer Tanzkapelle und war darüber nicht sehr glücklich. So sagte er mir zu, bei Pond einzusteigen, ohne zu wissen, worauf er sich da eingelassen hatte. Von elektronischer Musik hatte er nämlich zuvor nicht allzuviel gehört. Nun mußte er auch noch den Polymoog bedienen. Zwar hatte er einen kleinen KORG-Synthi, aber ein Polymoog war schon was anderes. Viel komplizierter war es, ihm meine Vorstellungen und Visionen von dieser speziellen Musikrichtung beizubringen, denn Erfahrung auf diesem Gebiet fehlte ihm vollends. Also setzten wir uns hin und probten, besprachen, übten und experimentierten, bis ich der Meinung war, daß wir aufs Publikum losgelassen werden konnten. Und die erste Mugge in Fürstenberg ging ohne größere Probleme über die Bühne. Von da an gab es nun POND in dieser neuen Besetzung, die übrigens wesentlich länger halten sollte. Nun mußte die ganze Maschinerie der Medien wieder in Gang gesetzt werden. Dies war aber nicht so einfach und ging nicht so reibungslos wie in unserer Gründungszeit. Unseren Bonus des Neuen und Einzigartigen hatten wir vorerst verspielt. Dieser mußte erst einmal wieder neu erarbeitet werden...

 

4   DIE ERFOLGE

 

”PLANETENWIND”

 

Das wußte ich schon aus meinen anderen Bands bzw. aus der ersten Phase von Pond: sich einen Namen machen bzw. bekannt zu werden, funktionierte nur über zwei Wege. Entweder durch unzählige Konzerte (muggen, muggen und nochmals muggen) oder durch Rundfunkproduktionen, die, wenn sie gut laufen, einem das schier unüberwindliche Tor zum Fernsehen und - mit noch mehr Glück - zur Schallplatte öffnen. Soweit war es aber lange noch nicht. Ich hatte ganz andere Probleme. Neue Besetzung, neue Musik. Von nun an wurde alles mit Keyboards und einem kleinen Sequenzer, später mit Drummaschine und etwas größerem Sequenzer bewerkstelligt. Im internationalen Vergleich zu den führenden Protagonisten der elektronischen Musik wie TANGERINE DREAM, VANGELIS, KLAUS SCHULZE und Co. mit geradezu lächerlichem Equipment, aber wir waren spielfähig und kreierten unseren eigenen Musizierstil. Hauptsächlich wurden Eigenkompositionen vorgetragen. Highlights aber waren anfangs ”EQUINOXE” von JEAN MICHEL JARRE  sowie ”SPIEL MIR DAS LIED VOM TOD” von ENNIO MORICONE, welches wir, so gut es ging, 'nachempfanden'.

Eines Morgens fiel mir im Halbschlaf eine Melodie ein, die mir nicht mehr aus dem Kopf gehen sollte. Meine Art, Melodien im Kopf zu behalten, besteht darin, sie immer zu wiederholen. So ist sie wie 'gespeichert' und bei Konzentration jederzeit abrufbar. Bei der nächsten Probe einstudiert, gab sie die Grundlage für unser zukünftiges Hauptwerk bei Livekonzerten von etwa 20minütiger Spieldauer. Diesen Titel gab ich dem Chefredakteur des Rundfunks, Walter Cikan, der das Hitpotential erkannte und davon aber eine übliche Drei-Minutenfassung haben wollte. Leicht gesagt! Nun mußten wir einen Extrakt aus 20 Minuten pressen, der dann eine radiotaugliche Version des Ursprungstitels ergab. Glücklicherweise gelang das, somit hatten wir unseren ersten Rundfunktitel, der sich außerdem als richtiger 'Chartstürmer' entpuppte und in den Hitparaden der Sender nicht nur vordere Plätze, sondern in zwei Wertungssendungen auf Platz 1 kam: PLANETENWIND. Das war um so erstaunlicher, weil es sich um einen Instrumentaltitel handelte. Wir waren sehr stolz darauf, unsere Popularität stieg von nun an sprunghaft an. Auch unser zweiter Titel JUMBO knüpfte an den Erfolg von Planetenwind an und erreichte ebenfalls vordere Plätze in den einschlägigen Sendungen. Es kam, wie es kommen sollte, das DDR-Fernsehen hatte plötzlich Interesse an uns und so tauchten unsere Gesichter in diversen Jugendsendungen auf. Jetzt war es nur noch eine Frage der Zeit, bis endlich auch die einzige Plattenfirma des Landes, AMIGA, auf POND aufmerksam wurde. Und tatsächlich fand ich kurze Zeit später im Briefkasten ein Schreiben vor, in dem uns mitgeteilt wurde, daß es “Planetenwind” (sowie zwei weitere Titel) auf eine AMIGA-Compilation mit drei weiteren Bands geschafft hat.

Das war eine Überraschung... Nachdem weitere Funkproduktionen von uns im Rundfunk und Fernsehen liefen und beim Publikum gut ankamen, entschloß sich Amiga von Pond eine Langspielplatte zu veröffentlichen. Ich hatte das bis dato unvorstellbare geschafft. Das so ferne Ziel war erreicht. Das war für mich die Krönung. Nach all den Strapazen, die vielen Up's and Downs der Gründung und Neugründung, Verzicht auf Freizeit und Familie, Schulden und immer wieder Arbeit sowie Probleme, die dieses harte Geschäft sonst noch so mit sich bringt... - nun also die Belohnung: eine erste eigene Schallplatte! Abgesehen von der finanziellen Spritze, die gerade zum rechten Zeitpunkt kam, war die ideelle Genugtuung grenzenlos. All die Zweifel, die im Laufe der Zeit auftraten, all die Irrungen und Wirrungen  - ich hatte mich doch richtig entschieden. Pond gab es nun im Plattengeschäft zu kaufen. Und unser Debütalbum wurde tatsächlich gekauft. Für Amiga-Verhältnisse war das ein richtiger Renner, wie ich im nachhinein erfuhr: über 100.000 Stück wurden über die Ladentische gereicht. Das war ein Glück, unsere positiven Liveerfahrungen spiegelten sich nun auch in den Verkäufen unserer LPs wieder.

 

”SELF CONTROL”

 

Nachdem Manne Hennig aus der Gruppe ausgestiegen war, beschloß ich, fortan alles weitgehend allein zu realisieren. Ohnehin hatte ich bis dato vieles selbständig erledigt. Nun sollte aber alles in einer Hand liegen. So besorgte ich wie erwähnt die erforderlichen Instrumente, übernahm vollständig den Tourbus und widmete mich allein den Kompositionen und Arrangements. Dazu hörte ich viel Musik, die mir gefiel und die den Charakter der zukünftigen Songs widerspiegeln sollten. Ich lernte autodidaktisch den Aufbau, die Struktur und die Zusammenhänge musikalischer Muster, die beim Zuhörer große Akzeptanz erkennen ließen, anders: Songs mit Hitpotential. Das läßt sich freilich nicht auf irgendeiner Schule erlernen, und es ist überhaupt das Schwierigste, was man sich vornehmen kann. Trotzdem wollen alle Musiker dieses Ziel erreichen, bis auf ein paar Ausnahmen vielleicht, wobei ich mir nicht vorstellen kann, daß Musiker Schallplatten einspielen, um sie nachher nicht verkaufen zu wollen. Ein Patentrezept für den Hit gibt es allerdings nicht. Ohnehin bleibt es äußerst schwer, einen Hit zu landen, und wenn es doch gelingt, grenzt es fast an Einmaligkeit. Natürlich sind genügend Beispiele vorhanden, an denen bewiesen wird, daß Künstler mehrere Hits hintereinander gelangen und gelingen. Bei einigen sogar über Jahre. Dies sind aber in der Regel Ausnahmeerscheinungen. Und natürlich liegt es nicht nur am Song an sich, heutzutage spielen Faktoren wie zum Beispiel Marketing, Promotion, Distribution und Management eine  nicht unwesentliche Rolle, um einen Titel regelrecht in die Charts zu pushen. Der viel zitierte Spruch “Zur richtigen Zeit am richtigen Ort (mit dem richtigen Material)” ist hochaktuell. Und last but not least nicht zu vergessen: ein Quentchen Glück gehört immer dazu!

Nach dem großen Erfolg unseres Debüttitels 'Planetenwind' war mir klar, daß ich weitere Titel produzieren wollte, die durchaus kommerzielle Chancen hatten. Ich machte auch nie einen Hehl daraus, daß ich kommerzielle Musik mit anspruchsvollem Touch produzieren wollte. Im Gegensatz zu anderen Künstlern, die in Werken von halbstündiger Dauer eine 'intelligente Botschaft'  transportierten, stand ich zu meiner Philosophie der nicht nur in Nischen beliebten Kurzzeittitel. Anders hätte die Rechnung auch nicht aufgehen können, denn nur kurze Drei- bis Vierminutentitel haben eine Chance, im Rundfunk gesendet zu werden. Außerdem ist es ungleich schwerer, einen erfolgreichen Kurztitel zu komponieren, als sich in einem längeren Werk schön auszutoben und gehen zu lassen. Der Erfolg gab mir schließlich Recht. Ich schloß mich ein und grübelte und experimentierte. Viele Ideen entstanden, viele davon waren natürlich unbrauchbar und wurden wieder verworfen. Mitunter gab es auch Titel, die durchaus brauchbar waren, jedoch nicht ins POND-Konzept paßten. Mit dem DDR-Fernsehen fand ich hierfür einen dankbaren Abnehmer, man verwendete dort diese Themen als Vorspann oder Untermalung von diversen Fernsehproduktionen. Auch sogenannte Auftragsproduktionen trudelten vom Fernsehen ein, die wir dankend annahmen. Es war eine willkommene Abwechslung zum Touralltag und zu unserer 'normalen' Studioarbeit, und nicht zuletzt eine Herausforderung, die an uns gestellten Anforderungen zur beiderseitigen Zufriedenheit zu erfüllen. Auch unser Planetenwind wurde sehr oft und zu jeder Gelegenheit gespielt, eine Zeit lang hatte ich ihn mindestens einmal am Tag entweder im Radio oder im Fernsehen gehört.  Nicht das unangenehmste Gefühl, kann ich sagen.

 

”ROCK'N ROLL - SCHUHE”

 

Einige meiner Titel hatten einen sehr rhythmischen Charakter und eine Melodie, die mehr oder weniger zum Mitsingen einlud. Darunter war ein sehr originelles Lied, welches mir sehr  am Herzen lag. Ich überlegte, ob und wem ich diese Komposition anbieten könnte. Dabei war die Lösung im nachhinein recht naheliegend. Meine Kinder hörten nämlich den Song und summten ihn immer leise mit. Ohnehin waren sie ja fast täglich mit Musik konfrontiert, denn in unserer damaligen Anderthalbzimmer-Kleinstwohnung ging es ab und an ziemlich laut her. Da kam mir die Idee, daß vielleicht sie den Titel mal singen könnten. Einfach nur so. Aus Spaß. Sie wollten! Aus Spaß wurde aber sehr schnell ernst, denn ich erkannte, daß dies eine richtig schöne Nummer geworden ist. Hinzu kam, daß die beiden Spaß an der Sache hatten. Und so einen Titel mit Kindern, noch dazu Zwillinge, das gab es bis dahin nicht. Also, was sollte schiefgehen? Ich erzählte mein Vorhaben unserem Rundfunkproduzenten, der von dieser Idee angetan war. Er vermittelte mir den damals nicht unbekannten Textdichter Jan Witte, der den Zwillingen einen passenden Text auf den Leib schneiderte: 'ROCK'N ROLL-SCHUHE'. Ich besorgte über eine Tante aus Westberlin Rollschuhe und Sportdreß sowie Helm und Armschützer. Das sah Klasse aus. Als unser Produzent das Demo hörte, war er nicht zufrieden, weil die Intonation der Stimmen zu wünschen übrig ließ. Er ging sogar soweit, daß er empfahl, andere Kinder singen zu lassen. Das jedoch griff unseren Ehrgeiz an. Fortan nahmen die Zwillinge Unterricht beim Leiter des Omnibuskinderchores, Hugo Jahns. Dieser probte mit den beiden über vier Wochen, bis alle endlich zufrieden waren. Der Titel wurde von POND eingespielt, die Zwillinge FRANK & SASCHA sangen dazu. Das gleichnamige Gesangsduo war geboren, das Ergebnis konnte sich hören und sehen lassen! Kurze Zeit später bekamen wir die Nachricht, daß der Titel für die Samstagabendsendung 'EIN KESSEL BUNTES' ausgewählt wurde. Das war ein Ding! Neben vielen internationalen Stars wie u.a. RICHARD CLAYDERMAN traten nun unsere Zwillinge Frank und Sascha auf. Die beiden waren damals gerade elf Jahre alt, weshalb sich die Zwei auch DUO 11 nannten. Kinderstars hatte die DDR zuvor noch nie gehabt, weshalb diverse Auflagen erfüllt werden mußten. Beispielsweise wurde die Schule befragt, ob Einwände bestehen und ob sonst nichts der Sache im Wege steht, stand aber nicht. Die Pressetrommel lief an. In vielen TV-Zeitschriften waren als Ankündigung für die Fernsehshow Fotos von Frank und Sascha abgebildet. Es war ein voller Erfolg. Wir hätten von diesem Tage an nur noch auf Tournee gehen können. In weiteren fünf Sendungen des DDR-Fernsehens traten sie mit dem Titel noch auf. Es sollte jedoch nicht übertrieben werden, denn wir als Eltern hatten Angst, daß beide die Sache mental nicht verkraften und womöglich einen Spleen kriegen. Es war auch abzusehen, daß bald der Stimmbruch eintreten würde, der dieser 'Karriere' sowieso ein Ende bereitet hätte.

 

”HE WEIHNACHTSMANN”

 

Einen Titel hatte ich aber noch für die beiden in der Schublade. Ein Weihnachtslied. Ein, wie ich persönlich finde, sehr gelungenes Lied, das die Vorweihnachtszeit stimmungsvoll mit Kinderaugen beschreibt. Den Text lieferte ebenfalls wieder Jan Witte. Leider wurde dieses Lied nur im Radio gespielt. Und das auch nur für bestimmte Zeit, denn das Kinderweihnachtslied war hochpolitisch: es kamen nämlich die Namen Kohl und Schmidt darin vor. In einer Textzeile hieß es ”Was erzählst du für'n Kohl?”, und in einer anderen war von einem Onkel Schmidt die Rede. Das war ein Unding! Kohl und Schmidt in einem Lied aus der DDR. Nichtsdestotrotz gelang dem Titel nach Frank Schöbel der 2. Platz in zwei Wertungssendungen. Danach war Schluß und der Ausflug ins Showbusiness von Frank und Sascha beendet, zumindest fürs erste. Beide gingen weitere sieben Jahre in die Musikschule und wurden in Musiktheorie, Gesang und Klavier ausgebildet. Diese Ausbildung sollten sie

später noch einmal gebrauchen können, wie sich erweisen sollte...

 

”AUF DER SEIDENSTRASSE”

 

Insgeheim hatte ich längst die zweite POND-Platte im Kopf, doch die Konzepte, die ich schon eingereicht hatte, wurden von Amiga “dankend” abgelehnt. Aber erstens kommt es anders, als man zweitens denkt. Eines Tages rief mich nämlich ein Regisseur vom DDR-Fernsehen an und fragte mich, ob ich an einer Vertonung einer Fernsehserie interessiert wäre, die den

Namen 'Seidenstraße' trägt. Zuerst verstand ich immer Seitenstraße und konnte damit überhaupt nichts anfangen. Als er mir jedoch kurz den Inhalt erklärte, fiel bei mir der Groschen. Solch eine Dokumentation lief bereits im damaligen 'Westfernsehen', die ich übrigens auch sah. Komponist dieser Serie war der Japaner KITARO, der mir auch ein Begriff war. Da es in der DDR zu diesem Zeitpunkt nur sehr wenige Gruppen gab, die Elektronische Instrumentalmusik machten, wandte sich der Regisseur direkt an mich. Ich überlegte nicht lange und sagte zu. Erst im nachhinein bemerkte ich, auf was ich mich da eingelassen habe. Es sollten zehn Serienteile von dreißig Minuten Spielzeit mit Musik unterlegt werden und das in relativ kurzer Zeit. Trotzdem, ich wußte, daß ich immer kreativ und kompakt bei der Arbeit war, wenn ich unter Zeitdruck stand. Also stellten wir uns der Herausforderung. Ich besorgte mir Audiotapes verschiedener ostasiatischer Musikstile, die ich täglich beziehungsweise nächtlich bis in die frühen Morgenstunden hörte, regelrecht in mich aufsog. Mit Absicht waren Kitaro und seine entsprechenden Aufnahmen der Parallelsendung für mich tabu, um nicht in die Gefahr zu geraten, denselben Musizierstil zu verwenden, was mir wohl auch gelang, wie mir andere bestätigen. Bei Kritikern, die die Musiken verglichen, schnitt POND richtig gut ab. Überhaupt war das damals eine richtig tolle Dokumentarfilmreihe einer chinesisch-japanischen Koproduktion, die das Fernsehen der DDR bearbeitete. Im Gegensatz zu Kitaro, der lange Improvisationsstücke bevorzugte, komponierte ich für jeden einzelnen kleinen Bildbeitrag (Take) eine eigenständige Melodie. Diese Arbeitsweise war jedoch sehr aufwendig und forderte meinen ganzen Einsatz. Als die erste Sendung ausgestrahlt wurde, war z.B. Teil 3 noch gar nicht fertig. Es mußte also unter Hochdruck innerhalb einer Woche eine komplette Folge abgesprochen, komponiert, arrangiert, produziert und letztendlich gemischt und fertiggestellt werden. Ich konnte zum Schluß wirklich keine orientalischen Klänge mehr hören, hatte vom vielen Hören und Bearbeiten selbst schon klitzekleine Schlitzaugen. Im nachhinein gesehen eine enorme Arbeitsleistung aller Beteiligten, die sich aber gelohnt hat.

Amiga entschied sich, die Filmmusik als LP zu veröffentlichen. POND durfte somit sein zweites Album ”AUF DER SEIDENSTRASSE” produzieren, zwei Jahre nach der Debütplatte ”PLANETENWIND”. Die Dokumentarfilmreihe kam beim Publikum sehr gut an, diesen Umstand verdankte Pond einen weiteren Popularitätsschub, der sich wiederum auf unsere Konzerte auswirkte.

Oft werde ich in Interwievs oder von Leuten gefragt, die uns noch nicht live erlebten, wie das Publikum, die Veranstalter oder Medien reagierten. Ich antworte darauf immer, daß es ein Phänomen war. Anfangs hatten wir sogar Angst, ob die Sache funktioniert, denn solch eine Musik hatte es in der DDR-Rockgeschichte - zumindest live - noch nicht gegeben. Ohne zu übertreiben, wir kamen ausnahmslos gut beim Publikum an. Es wurde dafür auch einiges geboten, zumindest gaben wir alle unser Bestes. Neben den bereits erwähnten Diaprojektoren und Spezialeffektprojektoren mit Überblendtechnik war der Höhepunkt unserer Lichtshowdramaturgie ein 0,5 Milliwatt-Laser, den heute fast jeder Jugendliche an seiner Hose trägt. Damals war es aber recht ungewöhnlich und paßte harmonisch in unser Showkonzept. Auch musikalisch brauchten wir uns nicht vor anderen Gruppen verstecken, mit denen wir öfter nebeneinander auf den Konzertbühnen standen. Ganz im Gegenteil: durch unseren einmaligen Bühnenaufbau mit den Keyboard-Burgen und den seltenen Percussionsinstrumenten (Gongs und Glocke), der eigentümlichen musikalischen, elektronisch erzeugten Musizierart sowie unserer durchdachten imposanten Lichtshow war POND anders als andere Bands, nicht vergleichbar und somit konkurrenzlos. Es gab kaum eine bekannte Band, mit denen wir nicht irgendwo, irgendwann einmal zusammen auf einer Bühne standen. Meistens waren wir die erste Band, die den Abend eröffnete, da unsere Vorspiele ruhig und langsam begannen. Auch war die Erwartungshaltung, die Spannung und Konzentration des Publikums am Anfang einer mehrstündigen Veranstaltung höher, so daß POND immer in Ruhe und Konzentration ihre Livedarbietung 'durchziehen' konnte. Hinzu kam, daß die elektronische Instrumentalmusik einen besonderen Stellenwert besaß. Viele Rezipienten dieser Musikart wußten, was auf sie draufzukommt, hatten sich schon mit ihr befaßt, hatten vielleicht uns schon mal live erlebt, oder besaßen selbst Schallplatten anderer Protagonisten der elektronischen Musik. Man wußte, daß man sich in diese Musik hineinversetzen muß, um sie besser zu verstehen, was wiederum uns die Arbeit erleichterte. Ein Satz, den ich bei einigen Konzerte sagte, lautete: ”Wir wollen mit unseren Musikmaschinen gefühlvolle Musik machen.” Das war unser Motto!                                        

 

5 ON TOUR

 

“IN THE NAVY”

 

Wenn man erst einmal die Hürden der Medien wie Presse, Funk und Fernsehen erklommen hatte, ging - logischerweise - alles viel leichter. Das merkte ich zum Beispiel daran, daß uns Veranstaltungen angeboten wurden, die ich sonst nie bekommen hätte. Die Livebetätigungsfelder der Rock / Popgruppen teilten sich in etwa so auf: Angefangen bei der ganz ordinären 'Tanzmugge' in einem alten Saal des 19.Jahrhunderts über Konzerte in den obligatorischen 'Kulturhäusern' der Städte und Gemeinden bis hin zu den Veranstaltungen bei der 'Fahne' (sprich Nationale Volksarmee). Speziell letztgenannte erfreuten sich bei uns - und nicht nur bei uns, sondern bei fast allen anderen Bands auch - größter Beliebtheit. Das lag vor allem daran, weil die meisten Einrichtungen in diesen Armeeobjekten allerhöchstes Niveau besaßen, zudem wurden sie hervorragend betreut. Es gab immer eine sehr große Bühne mit elektrisch betriebenem Vorhang, viele festinstallierte Scheinwerfer und sonstige Technik, von der so mancher “normaler” Konzertsaal nur träumen konnte. Nicht zuletzt konnte man davon ausgehen, daß diese Säle immer gerammelt voll waren. Für die Soldaten war so ein Konzert natürlich eine willkommene Abwechslung zu dem sonst eher eintönigen Alltag. Einige Rekruten allerdings waren so geschafft von der gerade vollendeten Grundausübung, daß die ersten beiden Reihen ein gemeinschaftliches Nickerchen hielten. Selbst Schuld - Paule, sagte ich mir, denn durch unsere dunklen Bühnenszenarien und elegisch-langanhaltenden Musikeinleitungen trugen wir nur bedingt dazu bei, die erschöpften Männer wach zu halten.

Nur wenn das Schnarchen lauter als unsere künstlerisch hochwertigen, aber eben sehr leisen Stellen wurde, gerieten wir etwas aus der Fassung. Dafür zahlten wir es ihnen aber bereits etwas später heim: Bei unserem Werk INFERNO UND HOFFNUNG wurden die Schnarcher von lauten, elektronisch erzeugten Maschinengewehrsalven, Sirenengeheul und täuschend echten Bombergeräuschen jäh aus dem Schlaf gerissen. Kurioserweise wurde dieses Werk oft von einigen Offizieren ausgesucht, um mit den Soldaten nach dem Konzert über den Inhalt dieses Instrumentalstückes zu diskutieren. Ein weiterer Unterschied und nicht geringer Vorteil gegenüber “normalen” Konzerten waren die abkommandierten Hilfskräfte, die den Vorgang des Auf- und Abbauens der Bandanlage ein wenig beschleunigten. Während noch die letzte Box in den Pondi geschoben wurde, wartete auf uns im Offizierscasino ein üppiges und genauso hervorragendes Essen. Da in diesen Objekten ausschließlich Konzerte durchgeführt wurden und somit der obligatorische Talk an der Bar nicht stattfinden konnte, war man bereits nach gut zwei Stunden entweder auf dem Weg ins Hotel oder - wenn gut organisiert - zur nächsten Veranstaltung und dies am gleichen Tag. So passierte es nicht selten, daß man in einer Kaserne nachmittags spielte, und vier Stunden später sowie 100 km weiter im nächsten NVA-Konzertsaal auftauchte.

 

“UNTER FREMDEN STERNEN”

 

Besonderen Wert legte ich auf Veranstaltungsobjekte, die eben diese soeben geschilderten optimalen Auftrittsbedingungen aufwiesen. In solchen Lokalitäten, die auch über eine professionelle Filmleinwand verfügten, kam unsere aufwendige Licht-Laser und Dia-Show

optimal 'rüber'. Gesteigert wurde das nur noch bei unseren Lieblingsauftritten in Planetarien. Besonders im CARL ZEISS PLANETARIUM in Jena. Diese Auftritte gehörten zu den Höhepunkten unserer Livedarbietungen und wurden besonders gut vorbereitet bzw. organisiert. Schon Wochen vorher schickte ich der Technikcrew des Planetariums einen Mitschnitt unserer Konzerte mit entsprechender Titelreihenfolge auf Kassette sowie als Plan die Abläufe unserer Lichtdramaturgie und Anordnungen der einzelnen Dia- und Effektprojektoren. Die Mannschaft des Planetariums entwickelte dazu ebenfalls eine eigene, ergänzende Licht-, Dia- und vor allem eine grandiose Laserkonzeption. Diese beiden Konzeptionen wurden dann einstudiert und vor Ort geprobt. Das Ergebnis konnte sich im wahrsten Sinne des Wortes sehen und hören lassen. Nicht umsonst waren die Eintrittskarten recht schnell vergriffen, so daß wir nicht selten vier Tage hintereinander je zwei Konzerte gaben. Kurz: ein tolles Erlebnis, welches man nicht so leicht vergißt.

 

“MOSKAUER NÄCHTE”

 

Ein Erlebnis ganz anderer Art waren die Konzerte bei 'unseren Freunden', wie sie damals noch genannt wurden. Für alle, die es nicht wissen oder vergessen haben sollten: 'Freunde' waren die sowjetischen Landsleute, insbesondere die Soldaten, die in der DDR ihren 'Ehrendienst' absolvierten. Sie lebten in Garnisonen der einzelnen Standorte. Ich erinnere mich an zwei Auftritte in solchen 'Garnisonsstädten'. Ein Konzert im damaligen Karl-Marx-Stadt und eins in Wünsdorf bei Berlin. Beide liefen fast ähnlich ab. Fünf Minuten vor Konzertbeginn war weit und breit kein Publikum zu sehen. Innerhalb dieser Zeit jedoch war der gesamte Saal mit fünfhundert Leuten gefüllt, die genauso lautlos wie schnell die Plätze einnahmen. Sie lauschten äußerst aufmerksam und verfolgten jede unserer Bewegungen an den Keyboards beziehungsweise betrachteten höchst interessiert unsere Diashow. Nach Konzertende gab es anerkennenden und stürmischen Beifall. Und innerhalb weiterer fünf Minuten waren die fünfhundert Leute ruhig und geordnet, dennoch sehr zügig aus dem Saal verschwunden. Ich denke, daß wir genauso verblüfft über die Disziplin des Publikums waren, wie das Publikum über unseren Musikvortrag. Anschließend wurden uns die Schlafräume der sowjetischen Soldaten sowie die Toiletten gezeigt. Von beidem war ich sehr beeindruckt. Ungefähr vierzig Soldaten schliefen in einem riesigen Raum, der karg eingerichtet, aber derart sauber war, daß man wirklich vom Fußboden hätte essen können. Jeder Soldat stand an seinem überaus korrekt gemachten Bett stramm, als wir den Raum betraten. Einige guckten uns schamhaft, ja richtig verschüchtert,  aus den Augenwinkeln an. Sie taten mir leid. Wer weiß, was sie alles über sich ergehen lassen mußten. Gemeinsam nahmen wir das Essen im großen Speisesaal ein. So viele Leute, dennoch hörte man kaum Geräusche. Nur das Berühren der Löffel am Tellerrand klang durch den nicht gerade hell erleuchteten Speisesaal. Keiner sprach ein Wort. Jeder guckte nur auf seinen Teller. Brot und Grütze gab es. Anschließend bekam jeder ein Stück Fisch. Ich hatte noch nie Grütze gegessen, überwand meine Scheu und probierte. Es schmeckte wirklich nicht schlecht, verzichtete aber dankend auf einen Nachschlag. Zu Trinken reichte man uns einen sämigen, lauwarmen und undefinierbaren Saft. Trotzdem, es war ein sehr beeindruckender Tag. Ich empfand ein Gefühl der Dankbarkeit und der Demut.

 Diese Konzerte bei der sowjetischen Armee und die Planetariumskonzerte waren natürlich Highlights und nicht alltäglich, bereicherten somit unsere Auftrittslokalitäten. Ansonsten war der Touralltag sehr schnellebig und stressig, dennoch aber geplant und organisiert. Wenn alles ordnungsgemäß verlief und keine technischen Pannen an den Autos und der Bandanlage auftraten, konnte man sich hier und da einen kleinen Ausflug zu irgendeiner Sehenswürdigkeit der jeweiligen Region leisten, der den Streß für ein paar Stunden vergessen ließ. Am besten eigneten sich Tage zwischen zwei Konzerten, an denen entweder ein Termin ausfiel oder ganz planmäßig frei war. So lernten wir den Harz, das Erzgebirge, den Thüringer Wald, das Vogtland, die Ostsee und alle anderen Gebiete unserer kleinen, aber eigentlich doch sehr schönen Republik und deren Leute kennen. Wir wohnten in überwiegend guten Hotels und brachten vielen Leuten unsere Musik näher, die dadurch ebenfalls ein paar schöne Stunden hatten und ihren Arbeitsalltag kurz vergessen konnten. Ein schöner Beruf...

 

“LITTLE DRUMMERBOY”

 

Wie erwähnt und auch bekannt, begann ich meine Musikerlaufbahn als Schlagzeuger. Dieses Instrument hatte es mir angetan. Zu meiner Zeit, als ich anfing, mich der Musik und dem Schlagzeugspielen zu widmen, steckte die Beatmusik in den Kinderschuhen, die sich jedoch rasant entwickelte und in den einzelnen Richtungen  immer vielfältiger und differenzierter wurde. Ende der 60'er, Anfang der 70'er Jahre erreichte der Beat seinen Zenit. Es gab Gruppen unterschiedlichster Spiel- und Musizierweisen, komplizierteste Arrangements verlangten von den einzelnen Musikern höchstes technisches Können. Die Musik wurde filigraner, zerbrechlicher, nahm oft auch 'klassischen Charakter' an. Gruppen wie EMERSON, LAKE & PALMER, KING CRIMSON, YES, PINK FLOYD und viele andere waren durch ihre Professionalität und hohem künstlerisch-technischen Stand bekannt und beliebt. Die bis dahin weitgehend harte und oft stupide wirkende Beatmusik wurde zumindest von solchen Bands aufgelockert und interessanter gestaltet, erhob jedoch einen großen Anspruch an den ausübenden Musikern, nicht zuletzt aber auch an den Konsumenten. Es war nicht jedermanns Geschmack, die Schar der Anhänger dieser Musikrichtung wuchs aber gewaltig. Auch ich konnte mich der Faszination dieser konzertanten Musizierart nicht entziehen und befaßte mich theoretisch wie auch praktisch immer intensiver mit dieser Materie. Nicht nur Gitarristen, Keyboarder und Bassisten begannen konzertanter zu spielen. Gerade das Schlagzeugspiel erfuhr regelrecht eine Renaissance. Es trat aus der eigentlichen Nische hervor, deren Hauptaufgabe es war, 'nur' den Rhythmus zu halten, und wurde oft selbst zum Soloinstrument, und das nicht nur beim obligatorischen Schlagzeugsolo eines jeden Rockkonzertes. Drummer wie JOHN HISEMAN, CARL PALMER, IAN PAICE und einige andere legten die Meßlatte für anspruchsvolles Drumming außerordentlich hoch an. Für mich bedeutete das üben, üben und nochmals üben. Aber es machte großen Spaß und brachte Genugtuung, wenn man die eine oder andere schwierige Trommelpassage hinbekam und es fast wie auf der Originalaufnahme klang. Aus diesem Grund brachte ich anfangs bei den Gruppen, in denen ich mitspielte, solche Titelvorschläge mit Erfolg an, die dem Ego von uns Musikern guttat, in einigen Tanzsälen aber dem Geschmack des Publikums nicht ganz gerecht wurden. Trotzdem, ein bißchen anspruchsvoller Touch stand auch der härtesten Rockgruppe nicht schlecht zu Gesicht.

 

“SAFE BY THE BELL”

 

Besonders angetan hatte es mir das Trio EMERSON, LAKE & PALMER. Ich interessierte mich speziell für die Spiel- und Trommelart sowie das Equipment von Carl Palmer. Er besaß ein riesiges Schlagzeug mit vielen Becken, Tom-Toms und anderen Percussionsinstrumenten. Und - was mich besonders beeindruckte - bei einem Fernsehauftritt standen hinter ihm ein Gong und eine Glocke. Das faszinierte mich, und mir war klar: So etwas möchte ich haben, denn eine gewisse Show gehört nun mal zur Rockmusik mit dazu, das Auge hört praktisch mit. Nach langem Warten und einigen Anträgen bei diversen Kulturämtern bekam ich durch Glück und Zufall endlich einen großen echten Schweizer Paiste-Gong mit einem Durchmesser von rund einem Meter. Einen etwas kleineren hatte ich bereits. Nun fehlte nur noch eine richtige, echte Glocke. Eine Kirchenglocke! Nur, woher nehmen, wenn nicht stehlen? Und selbst wenn, wo bitte stehlen? Wo war so etwas zu bekommen? Real überlegt: eigentlich nirgends. Bis wir eines Tages in Apolda spielten... Man wußte ja, daß in diesem Ort eine Firma ansässig war, die Glocken herstellte. Es war eine der ganz wenigen Firmen im Lande, die diese Zunft noch ausübte. Also entschloß ich mich, dort einmal vorzusprechen. Als Verstärkung nahm ich Manne mit. Nun standen ein Glatzkopf und ein Langhaariger mit Vollbart vor einer großen, alten und mondänen Villa. Das Tor von zwei wilden, laut bellenden fast ponygroßen schwarzen Hunden bewacht. Nach einer Weile fragte eine Stimme, was denn unser Begehren sei. Nachdem die Hunde in den Zwinger geführt wurden, bat man uns nach kurzem Vorgespräch ins Haus. Es war fast wie in einem alten Film. Wir traten durch eine geräumige Empfangshalle in einen großen holzgetäfelten Raum, an dessen Wänden schöne, alte Ölgemälde hingen. Ein großer Teppich sowie antike Möbel verbreiteten eine behagliche, warme und zugleich vornehme Atmosphäre. Das Nachmittagslicht fiel durch große, alte gotig geformte, teils mit Bleiglas verzierte Fenster. Der servierte Tee, die großen bequemen Ledersessel, all dies ließ eine relaxte, fast festliche Stimmung aufkommen. Nachdem wir der Hausherrin bei einem kleinen Tete a Tete kurz erklärten, was unser Anliegen sei, begrüßten  wir auch den Ehegatten und Chef des Hauses: Herr Peter S .   Eigentlich führten beide die Geschicke der Firma. Sie, eine resolute und durchsetzungsfähige Powerfrau für das Marketing sowie die künstlerischen Fragen zuständig - er, der Techniker und 'Schöpfer' der Kunstwerke, die nach seinen Angaben berechnet und entworfen wurden. Beide waren sehr sympathisch und meinem Wunsch nach einer Glocke für unsere Bühnenperformance nach anfänglichem Mißtrauen sehr aufgeschlossen. So plauderten wir, trafen uns weitere Male, um Details und technische Angaben zu besprechen und ein gutes Jahr später war es endlich soweit. Ich holte meine, nach meinen Angaben und Vorstellungen gefertigte Kirchenglocke von der berühmten Glockengießerei Schilling aus Apolda ab. Auf dem unteren Rand der Glocke wurde folgende Schrift aufgearbeitet:

 

                                               RHYTHM & SOUND   *   WOLFGANG FUCHS

 

 Ich war stolz und weit und breit der einzige Besitzer einer echten Kirchenglocke. Sie sollte das optische Wahrzeichen und zudem die gute Seele von POND werden.

 

“FIREBRIGADE”

 

Dieses Prachtexemplar wog rund 65 Kilogramm und bestand aus Bronze. Für die Aufhängung ließ ich einen extra stabilen Galgen aus Vierkantprofilstahl herstellen, der bis zu einer Höhe von drei Metern ausgezogen werden konnte. Die Glocke selbst wurde dann eingehängt und mit einem Drahtseil vor dem Herunterfallen abgesichert. Es war schon außergewöhnlich und bildete mit dem umfangreichen Schlagzeug und den Gongs ein tolles Bühnenbild. Nun mußten auch die Glocke und die Gongs musikalisch passend eingesetzt werden, denn nur rumstehen und zeigen, wäre wohl doch nicht das richtige... Beide Percussionsinstrumente, Glocke wie Gongs, setzte ich in Werken wie 'Bilder einer Ausstellung' und 'Amerika' sowie bei eigenen Titeln wie 'Jumbo' oder 'Sturmglocke' ein. Einen weiteren Höhepunkt stellte mein Schlagzeugsolo dar, welches ich gegen Ende eines  jeden Konzertes gab. Nachdem ich mich auf den Drums rund fünf Minuten 'ausgetobt' hatte, stand ich auf und traktierte die hinter mir aufgebauten Gongs sowie die Glocke. Auch dies sollte zumindest einen musikalischen Grundgedanken erkennen lassen. So entschied ich mich für eine Art 'Mühle'. Das bedeutete, daß abwechselnd Gong rechts, Gong links und dann die Glocke geschlagen werden muß. Und dies in einem immer schneller werdenden Tempo. Ein schwieriges Unterfangen, wenn man bedenkt, daß beide Hände mit den Schlegeln besetzt sind, die die Gongs bedienen. Wie also die Glocke noch zusätzlich bedienen? Es gab nur eine Möglichkeit - und die war so spektakulär wie schwierig. Ich mußte das Lederklöppelseil der Glocke in den Mund nehmen und mit dem Kopf daran ziehen, nachgeben und wieder ziehen. Selbst das mußte geübt werden. Beim ersten Mal biß ich recht halbherzig das Lederband mit den Vorderzähnen fest und zog die Glocke zu mir, vergaß jedoch, mit dem Kopf mitzugehen, um die 65 kg auspendeln zu lassen. Diese Aktion hätte mich fast die obere und untere Zahnreihe gekostet. Ich mußte halt nur mit den hinteren Backenzähnen auf das Lederband kräftig draufbeißen  und mit dem Kopf die Glocke zu mir heranziehen, dann nachgeben, um sie auspendeln zu lassen, um nun wieder den passenden Moment zu erwischen und den Klöppel gegen die Glocke schlagen zu lassen. Parallel dazu mußte ich rechts und links die Gongs bedienen, im Rhythmus - versteht sich. Keine leichte Übung... Dazu dieser barbarische Höllenlärm der anschwellenden Gongs und der eigentlich sonst kilometerweit tönenden Glocke. Das verlangte starke Nerven und volle Konzentration. Ich guckte zwangsläufig in die Höhe, weil ich das Lederklöppelseil im Mund hatte und kam bei einem Konzert in Freiberg/Sachsen mit meiner schicken Schlaghose zu dicht an einem am Boden stehenden Scheinwerfer. Dieser versenkte allmählich meinen guten Hosenzwirn. Zuerst roch es etwas eigenartig, dann qualmte es ein wenig, bis sich ein kleines Flämmchen entzündete. Das Publikum dachte im ersten Moment, daß das ein Teil der Show sei, weshalb es grölte, pfiff und applaudierte. Vielleicht wollte es mir auch nur zu verstehen geben, daß ich brenne. Ich war aber in Trommeltrance, bekam zunächst nichts mit. Zwar staunte und wunderte ich mich schon über diese ungewöhnliche Reaktion des Publikums, konnte es mir aber nur damit erklären, daß ich genau an diesem Tag ein ganz besonders guter Glöckner sei. Die erfreuliche Publikumsresonanz beflügelte mein Engagement noch um so mehr und ich traktierte die Gongs und die Glocke wie noch nie... Bis es mir am Fuß dann doch zu heiß wurde. Schnell ließ ich das Seil und die Schlegel los und hopste auf einem Bein über die Bühne, um mit den Händen die Flamme auszuschlagen. Glücklicherweise befand sich direkt hinter der Bühne in der Garderobe ein Waschbecken. Mit Wasser löschte ich die angekokelte Hose und ging schnell zurück. Das Publikum tobte immer noch, so daß sich meine Scham in Grenzen hielt.    Es war ja nix passiert. Und the show must go on...

 

“BACARDI - FEELING”

 

Diese ganz spezifische Teilperformance des Schlagzeugsolos war sehr spektakulär, hatte aber noch eine ganz andere Tücke. Nachdem ich also die Erfahrung gemacht hatte, daß ich das zu einem Zopf geformte Lederseil der Glocke fest mit den Backenzähnen halten muß, fiel mir während eines Konzertes bei meiner 'Spezialdarbietung' just in dem Moment, in dem ich das Seil in den Mund stecken mußte, ein, in welcher Location wir einen Abend vorher gastierten. Es war einer jener Säle, in denen die Luft brannte. Eigentlich war Höhle der bessere Begriff dafür. Ein alter Saal auf dem Lande. Knackevoll die Hütte und eine Wahnsinnsstimmung. Der bauliche Zustand sowie die sanitären Anlagen ließen jedoch sehr zu wünschen übrig. Der Sound hallig, keine Luxusmugge. Aber dennoch: alle namhaften Bands spielten an solchen Orten. Es war kein Konzert, es war eine Prüfung. Diesmal nahm aber keine Kommission die Bewertung vor, sondern einzig und allein das Publikum. Und das war gnadenlos kritisch. Man mußte bestehen. Wir gebrauchten das Wort 'Frontarbeit'. Wenn du dort nicht bestanden hast, brauchst du nicht mehr wiederkommen. Andersherum: Wenn man das geschafft hat, schaffte man es überall. Am Ende der Veranstaltung sah es in diesem Saal verheerend auf dem Fußboden aus. Eine Mischung aus Bier, Urin, Dreck und Erbrochenem. Die Glocke wurde zuletzt, nachdem die gesamte Anlage verstaut war, in den LKW eingeladen. Zuvor stellten die Roadies 'Pondine', wie die Glocke liebevoll von uns genannt wurde, auf ein Rollgestell und zogen sie quer durch den versifften Saal. Das schön geflochtene Lederklöppelseil schliff natürlich wunderbar durch den Sud aus Bier, Urin... Dieses Bild vor Augen und dieser Schweinerei bewußt stand ich nun vor meiner Pondine. Es half nichts. Augen zu und durch. Lederriemen in den Mund und  - Action! Hmm, Bacardi schmeckt anders. Business is usual.

 

“TIME TO SAY GOOD BYE”

 

Der Transport der Anlage war nicht einfach. Unsere Roadies hatten zweifelsohne einen schweren Job. Immerhin mußten 2,5 Tonnen Equipment hoch in den Saal und nach dem Konzert wieder herunter getragen sowie auf- und abgebaut werden. Pondine war, wie gesagt, immer am Schluß an der Reihe und wurde von zwei kräftigen Technikern auf den LKW gehoben. Eines Tages jedoch fiel sie von der Rampe und war fortan still. Hätten die Techniker es mir doch nur gebeichtet. Aber nein, sie verschwiegen es mir. Und so kam es, wie es kommen mußte. Beim Schlagzeugsolo und dem Betätigen des Klöppels gab sie nicht ihren gewohnten Klang von sich, sondern machte nur noch 'klick'. Alle waren erstaunt und guckten, das Publikum kannte doch ihren schönen Klang. Niemand machte sich lustig, vielmehr war der ganze Saal gemeinsam mit mir enttäuscht und fassungslos: Pondine war tot. Plötzlich war sie nicht mehr zu gebrauchen. Eine Glocke,die nicht klingt ist wie ein Vogel,der nicht singt.Das war ein herber Schlag. Abgesehen vom materiellen Wert, war sie doch mehr als nur ein Percussionsinstrument. Sie war das Markenzeichen von Pond. Also unternahm ich einen zweiten Anlauf in Richtung Apolda und überredete Familie Schilling, mir eine neue Glocke zu fertigen, was schließlich auch geschah. Ich freute mich riesig und bin der Familie Schilling noch heute sehr dankbar dafür. In der Übergangszeit erhielten wir leihweise eine kleine Ersatzglocke, umgangssprachlich auch Glöckchen genannt. Nach aber ungefähr  wiederum fast einem dreiviertel Jahr erhielt ich wieder 'meine' Pondine. Die alte wurde eingeschmolzen, aus ihr erwuchs unsere neue, alte Glocke, die genauso aussah und klang wie die erste. Von nun an werd' ich besser auf sie acht geben, schwor ich mir. Und die Roadies, unsere Techniker? Eigentlich trugen sie die Schuld! Eine Aussprache wurde fällig.

 

“GANGSTER'S PARADISE”

 

Dieses Mißgeschick war auch deshalb so ärgerlich, weil die Roadies nicht ordentlich genug gearbeitet hatten. Nach diesem Eklat mußte ich einen der verantwortlichen Techniker entlassen. Gute Leute zu finden war nicht einfach. Von Beginn meiner Laufbahn bis jetzt habe ich schon Generationen von Technikerwechsel miterlebt. Diese waren wirklich eine besondere Art von Spezies. Zu einer Zeit hatten wir zwei relativ kleine Techniker engagiert. Anfangs, als wir mit unserem Tourbus noch alle zusammen fuhren, ließ ich auch mal einen Roadie ans Steuer. Nach spätestens 150 km mußte ich ihn aber wieder ablösen, da ihm beide Unterarme vom Lenken schmerzten. Ausgeruht hat er sich dann auf der hinteren Sitzbank beim Verzehren seines Lunchpaketes, das ihm seine Frau eingepackt hatte. Das Tragen unserer riesigen Baßboxen von den beiden sah auch urkomisch aus, war ebenfalls aber kaum möglich, da diese für unsere Zwei zu schwer waren, so daß wir Musiker mit anpackten. Dafür waren aber ihre Pausen und Plauderstündchen während der Lade- und Aufbauaktion ausführlicher und ausgedehnter. Wenn aber nach dem Konzert abgebaut wurde, ging plötzlich alles viel schneller, denn man wollte ja eventuell auch mal mit der einen oder anderen Braut ins 'Gespräch'  kommen. Wie Egon (Name von mir geändert), der an sich schon mehr Casanova als Techniker war, eroberte nach Feierabend eine Braut und ging mit ihr nach Hause. Nun verriet sie ihm erst an ihrer Haustür, daß sie noch bei ihren Eltern wohnt. Egal. Kaum waren sie im Bett gelandet, flog die Tür auf und Frau Mutter, so hoch wie breit, kam mit Gebrüll und schwingendem Nudelholz ins Zimmer und wollte unserem Amor verprügeln. Aus lauter Furcht griff er ein paar seiner Sachen und sprang aus dem Fenster. Nicht aus dem 2.Stock - nein, es war nur Hochparterre, aber es reichte für einen Beinbruch. Am nächsten Tag saß er mit hochgelagertem Gipsbein am Mischpult und ging verschämt seiner Arbeit nach.

Ab 1983 fuhren Techniker und Band getrennt. Ich hatte mir einen PKW, Typ 'Wolga' gekauft. Das war ein sowjetisches Fabrikat und wurde vor allem als Taxi in der DDR eingesetzt. Die Techniker im Bus mußten schon vorher abfahren, hatten die Aufgabe die gesamte Technik eigenverantwortlich zu transportieren und aufzubauen. Auch das war bei einigen Technikern ein Unterfangen, denn hier und dort tauchten Probleme auf, die es galt, von mir aufzudecken und zu beseitigen. Jeder Techniker hat natürlich eine bestimmte Vorstellung von seinem Job und eine persönliche Einstellung zur Arbeit. So mußte ich den einen oder anderen Kollegen aus mangelnder Sorgfaltspflicht oder oberflächlicher Arbeit wieder entlassen. Denn Fehler irgendwelcher Art konnten wir uns nicht leisten, da Pond eine zahlenmäßig kleine Band war. Es fiel sofort auf, wenn nicht alle an einem Strang zogen. Der Eine machte den Job nur, weil er dort besser Damenbekanntschaften machen konnte. Der Andere wollte nicht in einem sozialistischen Betrieb knuffen, ein Dritter nahm die Arbeit als Profi nicht ernst genug. So etwas konnte und wollte ich nicht dulden, mußte immer nach geeigneten Roadies Ausschau halten, die auch menschlich zu uns, den Musikern, paßten. Doch mit der Zeit hatte ich ein Gespür bekommen, wer zu uns passen könnte, wer eben diese spezielle Arbeit übernehmen würde. Denn eins ist klar, man muß sich auf die Technikcrew verlassen können. Und in den meisten Fällen konnte ich mich darauf verlassen. Es gab auch sehr ordentliche, junge technisch begabte Roadies, die ihren Beruf mit Freude und Pflichtbewußtsein übernahmen. Unsere letzte Crew mit Wolfgang Jonas, Norbert Hamann und Duffy Hamann sowie nicht zuletzt unser dritter Sohn Sven, die ich an dieser Stelle auch einmal erwähnen möchte, leisteten einen hervorragenden  Job.

 

6   GEDANKEN

 

“JENSEITS VON EDEN”

 

Eine der ganz seltenen Auftrittsmöglichkeiten waren Veranstaltungen im Grenzgebiet, sprich: im Gebiet entlang der Grenze zwischen der DDR und der BRD. Für uns war das immer sehr interessant, weil man sonst in diese Gebiete nur selten und mit großen Sicherheitsmaßnahmen hinein kam. Im übrigen waren das mehr oder weniger die einzigen Orte, in denen wir noch nicht gespielt hatten, den Rest der DDR kannten wir bereits wie unsere eigene Westentasche. Apropos Westen: Grenzgebiet war auch deshalb spannend, weil es schließlich schon fast Westen war... Von einem befreundeten Manager einer anderen Band bekam ich den Tip, daß in Ecklingerode/Eichsfeld eine Tanzveranstaltung stattfindet und noch eine Band gesucht wird. Ich bewarb mich für diesen Termin und mußte nun nicht nur den Veranstalter überzeugen. Das hieß: einen Antrag bei der Polizei stellen: wo, wann, wie und mit wem ich ins Grenzgebiet zu welchem Zweck einreisen möchte... Wohlgemerkt wollten wir die DDR gar nicht verlassen (ging ja auch nicht), das Städtchen lag schließlich auf dem Gebiet unseres Vaterlandes und nicht auf westdeutschem Terrain. Nichtsdestotrotz: die Anreise nach Ecklingerode kam einem Auslandstrip gleich. Fast vier Wochen ließ man uns zappeln, bis es hieß, daß ich im Polizeipräsidium in der Keibelstraße antanzen durfte. Dort wurde mir mitgeteilt, daß wir fahren dürfen, bis auf einen, der hatte sich irgend etwas zu 'Schulden' kommen lassen. Ich nahm die Unterlagen und ging. Im Proberaum berieten wir, was zu tun wäre. Es war klar: wir fahren trotzdem und für die zwei Veranstaltungen im Grenzgebiet macht der Lichttechniker die Arbeit für den Tontechniker mit. Aber eigentlich wollten wir ihn gar nicht zurücklassen, er gehörte schließlich zu uns.

 Der Tag im Grenzgebiet (Eichsfeld) nahte. Wir setzten alles auf eine Karte und nahmen unseren 'mißratenen' Techniker mit, im naiven Glauben, wir werden ihn schon “durchmogeln” können. Aber nichts da! Er stand nicht auf der Liste. Wir mußten wieder umkehren und setzten ihn in unserem Hotel “Drei Rosen” in Worbis ab. Der zweite Anlauf: wieder hin zum Grenzkontrollpunkt (obwohl es ja keine Grenze war...). Der Grenzsoldat durchsuchte unseren Fahrgastraum, fand jedoch nichts (wir kannten auch nichts, was man innerhalb der DDR schmuggeln konnte). Anschließend mußten wir die hintere Ladetür öffnen. Auch dort sah er nur Ständer, Koffer, Boxen. So voll beladen, daß gerade noch die Tür zu ging. Tatsächlich landeten wir noch am Veranstaltungsort. Die Mugge selbst war eher öde. Dort war nur selten was los.'Immerhin' fanden 30 Leute den Weg zu uns, die gelangweilt bis gespannt guckten, was wir so spielen. Aber es war ja auch erst Freitag. Morgen, ja morgen wird richtig Stimmung sein.

Wieder im Hotel angekommen, entschieden wir uns, daß wir unser schwarzes Schaf dieses Mal auf alle Fälle mitnehmen. Also versteckten wir ihn am nächsten Tag hinten im Laderaum zwischen den Boxen, Koffern und Gerätschaften. An der “Grenze” bekamen wir dann doch alle ziemliches Herzklopfen. Der Soldat guckte nur oberflächlich hinten in den Laderaum, wahrscheinlich wurde auch noch keiner innerhalb der DDR durchgeschleust, und übersah auch den Fuß unseres DDR-feindlichen Tontechnikers, der sichtbar wurde, da eine Box während der Fahrt leicht verrutschte. Erst wenn wir ein bestimmtes Klopfzeichen gaben, war Entwarnung, so verabredeten wir es vorher. Wir ließen ihn noch bis zum etwa drei Kilometer entfernten Dorf etwas schmoren und taten beim Öffnen der Ladetüren so, als ob der eigentliche Grenzkontrollpunkt erreicht wurde. Einer rief mit tief verstellter Stimme: ”He, sie, kommen sie mal aus ihrem Versteck! Schüchtern und völlig verschwitzt kroch er aus seinem Unterschlupf. Die Erleichterung und Freude war dann bei uns allen groß, als wir den Streich beendet hatten. Und es wurde keine schlechte Veranstaltung. Nach dem Aufbau unserer Anlage hatten wir noch Zeit. Wir durchschritten das Dorf und bemerkten die schöne Landschaft, die teilweise noch völlig unberührt und sehr still wirkte. Man erzählte uns, daß durch den breiten Grenzstreifen die unberührte Natur sich über die Jahrzehnte voll entfalten konnte und Tiere, die es anderswo nicht mehr gibt, dort wieder heimisch wurden.  Nachts, als die Veranstaltung zu Ende war, fuhren wir zum Grenzübergang. An einer Stelle konnte man von einer Erhöhung weit in das Land schauen. Das kleine Dorf war stockdunkel, keine Laternen an, alles schlief. Aber den breiten Grenzstreifen, der hell und geräumig erleuchtet war, schlängelte sich kilometerweit sichtbar durch das geteilte Land. Es war ein schaurig-schöner Anblick, den ich noch heute in Erinnerung habe.

 

“EIN BIßCHEN FRIEDEN”

 

Obwohl wir alle Berliner waren bzw. Jahrzehnte im geteilten Berlin lebten, wo die Mauer tagtäglich präsent und die Teilung Deutschlands noch brutaler sichtbar in Erscheinung trat, war der Anblick des Demarkationsstreifens bei Nacht in dieser schönen Landschaft Anlaß zum Nachdenken. Noch in derselben Nacht beim 'Feierabendschnaps'' diskutierten wir wieder einmal über unseren Staat, die Grenze, unseren Beruf und wie es wäre, wenn POND auch mal im 'Westen' spielen dürfte. Aber das war eben alles nur graue Theorie. Tatsächlich aber stieß jede profilierte Gruppe irgendwann auch an die territorialen Grenzen der kleinen DDR. Irgendwann hatte man fast alle Spielorte bereist. In einigen Hochburgen spielten wir früher drei- bis viermal im Jahr. Das wurde später zu viel. So oft konnte man sein Repertoire gar nicht erneuern. Also fingen einige Bands an, sich rar zu machen. Lieber schloß man sich in seinem Studio ein und produzierte neue Titel und experimentierte an neuen Konzepten. Irgendwie war dies ein Teufelskreis, denn zu viele Konzerte geben, verschlang viel Zeit und man geriet in die Verlegenheit sich 'totzuspielen'. Zu wenig Konzerte geben bedeutete wenig finanzielle Einnahmen zu haben und obendrein den Zug der Zeit zu verpassen, denn man mußte ständig am Ball bleiben. Denn eines war klar: Auch wenn die DDR klein war und wir unter der 'Käseglocke' hausten, die Musikszene lebte und die einheimische Konkurrenz schlief nicht. Deshalb wäre es einfach mal hilfreich gewesen, zum Beispiel ein Konzert einer internationalen Band zu besuchen, wie gern hätten wir das gemacht. Einfach nur so, nur um uns zu informieren. Aber es ging eben nicht. Es war zum Verzweifeln. Und schon war man wieder beim Thema. Warum die Mauer, die Teilung, die beiden Staaten? Es war eben die politische Lage. Der Status Quo. Wie oft hatte ich mir überlegt, was wäre wenn...?  Natürlich konnten wir zufrieden sein. Und wir waren es ja auch. Aber trotzdem: Ein bißchen Frieden (Öffnung) wäre es gewesen. Es wäre uns, es wäre allen Menschen zu gönnen, nach all den Zeiten des 'Durchhaltens' und der doch eigentlich relativ großen Errungenschaften des Volkes (klingt ja fast wie von einem Parteitagsprotokoll - ist aber trotzdem ernst gemeint).Vieles habe ich nicht verstanden,was den Staat anbetrifft.Schon oft

ging mir die 'Evolution' der DDR und damit auch mein bisheriges Leben durch den Kopf....

 

“100 MANN UND EIN BEFEHL”

 

Es war jener 13.August 1961, ein strahlender, schöner Sonntag. Ich schlief in meinem Bett, als ich von den Pfiffen meiner Spielkameraden aus dem Schlaf gerissen wurde. “Irgendwas ist an der Grenze los”, rief ein Kumpel hoch, ”Los komm mit!” Ohne mich zu waschen bin ich in meine Klamotten gesprungen, dann aufs Fahrrad und ab zur Grenze, die keine zehn Minuten von uns entfernt war. Eigentlich war heute 'Tennistag'. Das hieß, ab mit der S-Bahn zum in Westberlin liegenden Grunewald und Tennisbälle auf einem Tennisplatz aufsammeln. Das brachte meinem Bruder und mir ein kleines Taschengeld, von dem ich mir mein erstes, neues 'Diamantfahrrad' kaufte, auf dem ich nun zur Grenze fuhr. So richtig verstehen konnten wir, die 10 bis 12jährigen, das nicht, was dort passierte. Es wurden Stacheldrahtrollen abgewickelt und Grenzer ließen niemandem mehr durch. Eigentlich wollte ich doch mit meinem Bruder Tennisbälle..., es ging eben nicht. Richtig traurig war ich nicht, denn hier war ordentlich was los. Tennisbälle können wir schließlich nächstes Wochenende wieder im Grunewald aufsammeln. Daß es erst 28 Jahre später wieder gehen würde, ahnte zu dieser Zeit wohl niemand. Fortan ging alles seinen 'sozialistischen ' Gang. So sehr viel änderte sich aber zunächst nichts. Schließlich hatte ich bereits zwölf Jahre in der schon existierenden DDR gelebt. Bin hier in die Schule gegangen, habe meine Eltern und Brüder und meine Oma sowie einen Teil der Verwandtschaft und meine Spielkameraden gehabt. Der Großteil der Tanten und Onkel lebte aber im Westteil von Berlin.

Das Leben ging weiter. Als ich älter wurde, bemerkte ich, daß die nun errichtete Mauer große Nachteile mit sich brachte. Wir konnten keine Tennisbälle mehr aufsammeln, konnten nicht mehr unsere Tanten und Onkels sehen, nicht einmal kurz 'rüber', um Mickey Mouse-Hefte zu tauschen. Erst als meine Oma Irma starb und wir noch nicht einmal zur Beerdigung durften, kam die Schmach und Schande der Mauer und der Regierung, die dieses Monstrum errichten ließ, zu Tage. Zwar kamen dann doch hin und wieder unsere restliche Verwandtschaft zu den genehmigten Einreisen zu Besuch, doch bald starben auch sie, so daß keinerlei Bindung mehr zum anderen Teil Berlins bestand. Dennoch war, wie bei vielen Menschen, der Wunsch groß, den anderen Teil Berlins, den anderen Teil Deutschlands, den anderen Teil der Welt kennenzulernen. Aber nichts  ging mehr.

 

“ANOTHER BRICK IN THE WALL”

 

Die DDR kapselte sich immer mehr ab und versuchte mehr und mehr politische Phrasen und Denkweisen dem Volk einzutrichtern. Dabei wäre es klüger und sinnvoller gewesen, wenn die Regierung nach Jahren der Entbehrung und Drangsalierung des Volkes die Zügel etwas lockerer ließen. Wenn schon die Mauer errichtet wurde, aus der Sicht der Regierung zum damaligen Zeitpunkt die einzige Möglichkeit ihren Staat zu erhalten, dann doch mit dem Ziel in 'Ruhe' den Sozialismus aufzubauen. Vieles wurde zweifelsohne erreicht und vom Volke erschaffen. Auf vielen Gebieten wie Kunst, Kultur, Wissenschaft, Technik und Sport wurden Höchstleistungen mit Weltniveau erreicht. Die DDR fing ganz von unten an sich aufzubauen und zu entwickeln. Und das allein, ohne Hilfe, ganz im Gegenteil: Viele Reparationsleistungen mußten an die UdSSR geleistet werden. Es wurden Demontagen ganzer Industriekomplexe unmittelbar nach Kriegsende von der Sowjetunion angeordnet, während im Westen Deutschlands die Marshallplanhilfe anlief und so den Aufbau der Wirtschaft sowie die allgemeine Konjunktur, das sogenannte Wirtschaftswunder, ankurbelte. Trotzdem entwickelte sich die DDR angesichts dieser denkbar schlechten Ausgangsposition zum führenden Industriestaat des damaligen Ostblocks. Es wäre spätestens am Anfang der von Gorbatschow eingeläuteten Perestroika und Glasnost an der Zeit gewesen, das Volk der DDR für die geleistete Arbeit im entsprechenden Maße zu belohnen. Dazu gehörte meiner Meinung nach die Erweiterung der Reisefreiheit, Erleichterung der Gewerbezulassung, Einschränkung des MfS, Senkung der NVA- und Grenzkosten sowie Austausch von Konsumgütern usw. All dies wurde von der machtbesessenen und volksignorierenden Regierung übersehen und unterlassen. Die Quittung erhielt sie spätestens am 09.11.1989. Aber dies sind nur meine persönlichen Gedanken zur damaligen Lage. Aus heutiger Sicht illusorisch und müßig, darüber nachzudenken. Aber vielleicht hätten noch nicht einmal diese Maßnahmen genützt, um die DDR zu retten. Und überhaupt, wäre es denn sinnvoll gewesen, die DDR zu retten? Ich denke, daß jeder seinen ganz eigenen, individuellen Standpunkt dazu hat. So richtig gehaßt habe ich meinen Staat bzw. die Regierung, bei der erwähnten Familienangelegenheit, der Beerdigung, und bei Bekanntwerden von Methoden der Stasi, vor der jeder Bürger sich ängstigte, sowie von allgemeinen politischen Parolen und Repressalien, denen man jederzeit ausgesetzt war.

 

“LIVE IS LIFE”

 

Ansonsten lebte man sein Leben nach der eigenen Fasson und versuchte das Beste daraus zu machen. Schließlich wurde ich in diesem Staat geboren, verbrachte eine glückliche Kindheit, ging zur Schule, heiratete meine Frau Sabine und gründete mit ihr eine Familie mit unseren Söhnen Sven, Frank und Sascha. In meinem Beruf als Musiker war ich sehr erfolgreich. Was wollte ich mehr? So ähnlich ging es vielen Menschen in der DDR. Eigentlich hatten sie alles, was man für ein sorgloses Leben braucht. Es waren im Allgemeinen keine großen Reichtümer zu erwirtschaften, man wurschtelte sich aber dennoch, jeder nach seiner Fasson, durch. Wenn man bedenkt, daß im Hochsommer die Getränke knapp wurden, Fleischwaren, Obst und Gemüse nur mit Glück und Geduld zu ergattern waren und der tägliche Einkauf vorsintflutlicher Nahrungssuche ähnelte, kann man aus heutiger Sicht sich nur wundern, daß trotzdem alles irgendwie funktionierte. Und es funktionierte auch: einer wußte, wo es Fliesen gab, der nächste hatte jemanden, der dies oder jenes besorgen konnte. So fand ein fleißiger Handel und Wandel auch außerhalb der Konsumwirtschaft statt, der sich auch auf den privaten Dienstleistungsbereich erstreckte. Jemand reparierte Autos, ein zweiter konnte als Gegenleistung gut mauern und verputzen. So wusch eine Hand die andere. Aus diesem Grund war das schon oft zitierte Zusammengehörigkeitsgefühl sehr verbreitet und im Gegensatz zur westlichen Bevölkerung außerordentlich tief verwurzelt. Jeder hatte sein eigenes Zuhause, viele besaßen ihre Datsche, so daß nach der Arbeit die Tore zu gingen und die politischen Parolen und demagogischen Appelle der Parteifunktionäre außen vor blieben. Man hatte sich sein Leben eingerichtet und wußte wie der Hase läuft.

 

7   AUFBRUCH

 

“YESTERDAYMAN”

 

Am frühen Anfang der sowjetischen Perestroika, die die starre DDR-Regierung trotz der großen Brüderfreundschaft zur UdSSR nicht einführen wollte, wurde der Wunsch nach Öffnung im Allgemeinen und einer 'Westreise' im Besonderen immer lauter. Dennoch durften erstaunlicher Weise relativ viele DDR-Bürger meist aus familiären Gründen nach Westberlin oder Westdeutschland reisen, um dort ihre Verwandten zu besuchen. So wurde mir immer öfter von Fans nach dem Konzert berichtet, wo sie waren, in welchen Geschäften sie die neuesten Musikinstrumente sahen und was es sonst noch interessantes auf dem Gebiet der Musikinstrumententechnik gab. Im übrigen reisten schon zu diesem Zeitpunkt viele meiner Musikerkollegen zu dem einen oder anderen Rockkonzert zwecks 'Studium'. Oder sie nutzten einen anderen Reisetermin, um sich selbst dieses oder jenes Musikinstrument zu besorgen. Dieses wollte ich unbedingt auch, stellte aus diesem Grund einen Antrag beim Komitee für Unterhaltungskunst und wartete ab. Lange Zeit hörte ich nichts und bekam nach mehrmaligen Anfragen immer die gleiche Antwort, nämlich, daß 'es nichts Neues gibt'. Irgendwann reichte es mir und ich beschloß hartnäckiger nachzufragen. Als 'wieder nichts Neues' zu erfahren war, wies ich darauf hin, daß ich nun an Erich Honecker persönlich schreiben und meinen Wunsch äußern werde. Ziemlich naiv von mir, wie ich an den Gesichtern der Bearbeiter ablesen konnte. Mir wurde dennoch versprochen, daß nochmals nachgehakt werde. Und siehe da - nach weiteren drei Wochen wurde mir mitgeteilt, daß ich Reisekader für das' nichtsozialistische Ausland' bin.

 

 

“STRANGERS IN THE NIGHT”

 

Das war eine Freude. Nun konnte ich, wenn ich Glück hatte, ebenfalls nach Westberlin/Westdeutschland reisen. Also stellte ich meinen ersten Antrag für eine 'Bildungsreise', wie es hieß. Ich begründete diese mit dem 'Informationsdefizit an neuen technischen Innovationen auf dem Gebiet der elektronischen Klangerzeugung' (klingt wie die Überschrift einer Doktorarbeit). So fuhr ich das erste Mal nach 26 Jahren in den anderen  Teil der Stadt, die ich bis dato nur mit Kinderaugen gesehen hatte. All die Jahre zuvor hatte ich mir ausgemalt, daß ich zuerst, wenn ich einmal die Gelegenheit habe nach Westberlin zu reisen,zu der Stelle fahre, wo wir als Kinder fast täglich in den 'Westsektor' spazierten... Das war Brunnenstraße/Ecke Bernauer Straße.

 Wir waren eine kleine siebenköpfige Bande, in der ich der 'Hauptmann' als ältester war und meine Kumpels zu diesen und jenen Aktivitäten begleitete. So drückten wir uns die Nasen an den Schaufenstern der Spielzeugläden platt oder ergatterten bei den Marktschreiern Bananen und Apfelsinen, die sie durch die Gegend warfen. In einem Tauschladen tauschten wir drei alte Mickey Mouse- oder Fix und Foxi-Hefte gegen ein neueres Exemplar. Wenn wir ein paar Groschen übrig hatten, gingen wir ins Kino, welches wir in Ost-Mark 1 zu 1 bezahlen durften.

Diese 'Ecke' wollte ich zuerst besuchen und fuhr auch dort hin. Ich war sehr enttäuscht, denn es sah logischerweise alles ganz anders aus. Keine kleinen Verkaufsbaracken, sondern moderne Wohnhäuser. Kein altes Kino mehr, sondern ein Billig-Discounter. So platzte eine Seifenblase der Erinnerungen, die ich mit Kinderaugen wahrnahm.  Aber die Stelle, an der wir täglich von Ost nach West und zurück gingen, an der früher zwei Grenzer standen, die uns schon kannten und wußten, daß die Beulen unter unseren Pullovern Bananen waren, diese Stelle gab es noch. Es war ein eigenartiges Gefühl.

Den Rest des Tages verbrachte ich in den einschlägigen Musikfachgeschäften und sah mir den anderen Teil Berlins an, der für mich faszinierend war. Besonders hatte es mir der Ku'damm angetan. Nachts um 1 Uhr war dort ein Treiben und ein Flair, das ich bis dato noch nie erlebt hatte. Es war Hochsommer, die Leute saßen auf dem Bürgersteig vor den Cafes. Es roch überall anders, aber überall gut. Das Licht, der Lärm, die Luft, der Trubel. Es war beeindruckend. Und trotzdem fühlte ich mich fremd in diesem Stadtteil in dieser Nacht. Es war schon spät. Um 2 Uhr morgens mußte ich spätestens Westberlin verlassen haben. Ärger wollte ich auf keinen Fall haben, denn ich wollte ja noch öfter in die 'Glitzerstadt' fahren. Noch schnell ein Eis gekauft, die Scheiben runtergekurbelt und nochmals den geliebten Ku'damm möglichst langsam heruntergefahren. Und das alles mit meinem alten Wolga. An einer Kreuzung haltend knatterte neben mir eine Harley-Davidson. Auf ihr saß ein furchterregender breiter Typ mit einem Stahlhelm auf dem Kopf. Breit grinsend flüsterte er “Na, du Wodkadealer?” herunter. Ich schluckte leicht verschüchtert. Endlich grün! Und dann der Kontrast. Die Grenze in Sichtweite. Ein mulmiges Gefühl. Danach die menschenleeren, dunklen Straßen von Ostberlin. Kein Verkehr, alles schlief und trotzdem, es war alles so vertraut, so normal. Ich war zu Hause - und ich fühlte mich auch so.

 

“WENN EINER EINE REISE TUT”

 

Diese Reisegelegenheit versuchte ich nun sooft wie möglich zu nutzen. Dazu war immer ein  erneuter Antrag mit Begründung beim Komitee für Unterhaltungskunst erforderlich. Ich tat dies nun  mit der gleichen Begründung: 'Informationsreise'. Jetzt war es quasi eine Formsache. Wenn nichts gegen mich vorlag, wurde es genehmigt. So konnte ich mir ein paar Tage innerhalb eines Halbjahres aussuchen, wann ich wohin reisen wollte. Es war jedesmal erneut ein Erlebnis und sehr aufregend, wenn ich über den Grenzkontrollpunkt fuhr. Nachdem ich meinen 'Informationshunger' gestillt hatte, wollte ich auch die Gelegenheit nutzen, um mir selbst das eine oder andere Musikinstrument mitzubringen. Die Gelegenheit war nun vorhanden. Die Beschaffung von Instrumenten und technischen Gerätschaften war bis dahin für eine Band ohnehin sehr schwierig. Man war von Onkel, Tante, Bekannte oder anderen Leuten abhängig, die eben reisen und eventuell ein Geschenk mitbringen durften. Einige kannten einen Ausländer, manche jemandem vom Diplomatischen Corps. Diese Variante war jedoch immer eine sehr unsichere Sache, und wenn es doch klappte, eine teure obendrein, denn die Leute mit Reisepaß wußten um die verzwickte Lage und ließen sich diesen Deal gut bezahlen. Trotzdem war man froh, wenn man auf diese Art an das gewünschte Instrument kam. Lieber so als gar nicht!

Nun war ich aber endlich selbst in der Lage, mir meinen Synthesizer in Ruhe auszusuchen, auszuprobieren und noch dazu einen guten Preis auszuhandeln. Gesagt, getan. Mit meinem ersten selbsterstandenen Gerät fuhr ich nach Mitternacht zum Grenzübergang. Wie immer war es kurz nach 24 Uhr ziemlich voll, denn bis 2 Uhr mußte man Westberlin verlassen haben. Manche Grenzer waren ziemlich in Ordnung und winkten, wenn man Glück hatte, einen gleich durch. So geschah es bei mir. Ich freute mich riesig und beschloß gleich am nächsten Tag die gleiche Prozedur durchzuführen. Wieder kaufte ich ein Umhängekeyboard mit Kabel und Stecker und brachte das Teil über die Grenze. Wahnsinn, es funktionierte wieder! Nun entschied ich mich für den letzten und größten Coup. Ich mußte meinen neuen Drumcomputer, einen weiteren Synthesizer, ein Computermonitor und den dazugehörigen Kleincomputer (Atari) in die DDR bringen. Mein Wolga hatte einen geräumigen Kofferraum, so daß alles hineinpaßte. Es sah auch gar nicht viel aus. Den kleinen Drumcomputer schob ich unter den Beifahrersitz. Mit dieser Ladung fuhr ich nun zur Grenzübergangsstelle Invalidenstraße.

Ich hatte ein mulmiges Gefühl, denn es war dort komischerweise ziemlich leer. Zu meinem großen Ärgernis sah ich einen Grenzer auf mich zukommen, der mir schon öfter unangenehm auffiel. Kaum älter als zwanzig Jahre, ein fieses Grinsen auf dem Gesicht und sehr penetrant, wenn es darum ging, das Auto zu durchsuchen. Also kam es, wie es kommen mußte! “Fahren Sie bitte rechts ran” - ein Satz, bei dem mir heute noch übel wird. Er sah in den Fahrgastraum und befahl, die Alditüten auszuschütten. Außer Süßigkeiten und etwas Obst für die Kinder war nichts drin.  “Kofferraum öffnen!”, war sein nächster, kurzer Befehl. Ich schluckte und öffnete zögerlich. “Was ist das”?, fragte er in scharfem Ton. “M m meine Mu Mu Musikinstrumente”, stotterte ich. “Wo ist die Einfuhrgenehmigung?”, fragte er zynisch mit seinem fiesen Lächeln. Meine Ausrede: ”Es sind meine Instrumente, waren nur zur Reparatur...”, ließ er nicht gelten. “Aussteigen und mitkommen”, so sein Kommentar. Ich wurde dem Leiter der Grenzstation zugeführt und übergeben. Dieser Vorgesetzte war ruhig und sachlich, so daß trotz der beklemmenden Situation in der Grenzbaracke der erste Schock am Abklingen war. Dabei klang aber überhaupt nichts ab, es folgte regelrecht der Hammer: er verkündete mir, daß sämtliche Instrumente eingezogen und beschlagnahmt sind. Ich war am Boden. Alle Instrumente weg. Das viele Geld, das ich dafür jahrelang sparte, alles futsch. Nun konnte ich mein neues Musikprogramm vergessen, welches ich mit dem neuen Instrumentarium aufbauen wollte. Über drei Stunden saß ich mit dem Häuptling in dieser verdammten kalten Baracke mit dem spärlichen Licht der Schreibtischlampe. Er hämmerte auf das alte Modell der Robotronschreibmaschine den Text, den ich ihm hauptsächlich diktieren und vor allem buchstabieren mußte, denn von diesen Gerätschaften mit den englischen Fachbegriffen, die man selbst nur mit Mühe aussprechen konnte, war er restlos überfordert. Mit vierstündiger Verspätung kam ich völlig entnervt und übermüdet nach Hause, wo meine Frau bereits ganz  aufgelöst auf mich wartete.

 

“DA SPRACH DER ALTE HÄUPTLING DER INDIANER...”

 

Paule Pond wäre nicht Paule Pond, wenn er dies tatenlos hinnehmen würde. Ich wandte mich an das Kulturministerium, dieses kontaktierte das Außenhandelsministerium, welches diese Angelegenheit weiter zur Abteilung Tanzmusik schob. Die verdrängten es wieder zum Zoll und der Zoll wiederum  zum Kulturministerium und so weiter und so weiter. Alle drei Wochen ging ich persönlich zu den Herren ins Kulturministerium, die übrigens verhältnismäßig jung und aufgeschlossen waren und beklagte meine Misere. Aber immer wieder gab es nur Absagen und nichts Neues. Ich sollte einfach abwarten, gegebenenfalls sporadisch nachfragen usw. Damit wollte ich mich aber nicht zufrieden geben. Wieder drohte ich mit einer Eingabe  an Erich Honecker und anderen Möglichkeiten. Auch dies half nichts. Dann kam mir in den Sinn, den obersten Hauptmann der Zollhäuptlinge zu konsultieren. “Da kommst du nie ran”, wurde mir versichert.

Aber ich ließ nicht ab von meinem Plan und bin hin zum Hauptzollamt in die Grellstraße. Personalausweis abgeben, Antrag ausfüllen und warten. Egal, ich hatte Zeit. Nach eineinhalbstündiger Wartezeit folgte das Aus. Eminenz ist nicht zu sprechen. Auf  Wiedersehen! Diese Übung nahm ich drei bis viermal stoisch hin. Irgendwann müßte es ja mal klappen. Und wer sagt's denn? Eines  Tages, ich wollte schon wieder zum Ausgang gehen, wurde mir die Tür geöffnet. Nach kurzer Durchsuchung begleiteten mich zwei Soldaten zum obersten Boss der Zollbehörde. Ich war beeindruckt. Ein großer Herr in geschmückter Uniform begrüßte mich recht freundlich. Und überhaupt, er hatte trotz der beeindruckenden Uniform etwas Gutmütiges im Gesicht. In mir kam ein Funken Hoffnung auf. Er bat mich, mich kurz zu fassen und fragte, worum es eigentlich geht.

Obwohl ich mich ja kurz fassen wollte, war dieser Grenzer mit der erste, der dieses Buch schon mal vorab in Erzählversion in die Ohren bekam. Mein Monolog reichte von den Anfängen meiner doch so beschwerlichen Laufbahn, von den Schwierigkeiten und dem Alltag der Rockmusiker, den Zusammenhängen der staatlichen Organe wie Rundfunk, Fernsehen, Schallplatte, von der Organisation und Durchführung von Konzerttourneen und alles, was noch zur Ausübung meines Jobs gehört. Ich hatte mich vorbereitet, ordentlich vorbereitet. Ich hatte Presseartikel über unsere Band, unsere Langspielplatten sowie weiteres Informationsmaterial dabei. Ich merkte, daß ich sein Interesse weckte. Er war sichtlich von meinem Vortrag beeindruckt. Mittlerweile waren auch schon fast fünfzig Minuten vergangen. Aus dem eigentlich kurzem Gespräch wurde fast eine ganze Stunde. Ich denke, daß dieser Oberst oder General noch nie so einen plastischen Vortrag über die Rock- und Popmusik hörte. Ich fragte ihn, wie wir Musikgruppen im eigenen Land gute Musik produzieren sollen, wenn  uns regulär keine dementsprechenden Instrumente zur Verfügung stehen, wenn wir uns nicht mit anderen internationalen Musikern austauschen bzw. messen können? Wie sollen wir uns dann weiterentwickeln können? Schließlich hatte ich ihn überzeugt. Ich fühlte das. Er versprach, sich zumindest um meinen persönlichen Fall zu kümmern. Und “nur” ein Jahr später, als ich schon nicht mehr an das Wunder glaubte, bekam ich die Nachricht vom Kulturministerium, daß ich mein Instrumentarium abholen könne. Es war wie Geburtstag, Weihnachten und Ostern zusammen. Es war ein tolles Geschenk mit fast einjähriger Verspätung.

 

“FLUGZEUGE IM BAUCH”

 

So ein Gespräch mit einem 'Oberindianer' war für beide Seiten interessant und aufschlußreich. So etwas hätte viel früher und im größeren Umfang für alle Betroffene stattfinden müssen. Vielleicht wäre dann 'mehr möglich' gewesen. Dennoch freute ich mich über die Möglichkeit, meine Probleme einem hochrangigen Vertreter der Regierung darzulegen. Erst im Nachhinein, als ich alles wiederbekam und der Staat langsam unterging, man förmlich fühlte, daß 'etwas passiert' im Lande, daß das Volk sich auflehnte, wurde mir aber zugleich klar, welcher Gefahr ich mich der ganzen Zeit ausgesetzt habe. Ich spürte ein Grummeln im Bauch, wenn ich näher darüber nachdachte.

Jederzeit hätte man einen Stasimann auf mich ansetzen können, jederzeit hätte man mich erpressen können. Nach dem Motto: entweder du arbeitest für uns oder wir sperren dich ein! Gründe für eine Inhaftierung gäbe es genug. Verletzung der Zollgesetze und andere bzw. neu erfundene Verstöße gegen DDR-Gesetze und dergleichen. Auch dafür gab es schließlich viele Beispiele, wie mit Bürgern umgegangen wurde, die halt eine etwas andere Denkweise über ihren Staat hatten. Ich weiß nicht, wie ich in solch einem Fall gehandelt hätte. Helden gibt es wenige. Ich glaube, daß ich keiner gewesen wäre. Gott sei dank stand ich nie vor solch einer schlimmen Entscheidung! Vielleicht könnte man es als Gnade der glücklichen Umstände nennen, um mal Kohls Worte entfremdet zu zitieren. Vielleicht wußte man auch, daß ich nicht der 'richtige' Mann für sie war. Kein Thälmannpionier, nicht in der FDJ, dafür aber eingesegnet, nicht in der SED, auf so einen konnte man von vornherein gleich verzichten. Wie auch immer. Jedenfalls war ich in der gesamten DDR-Zeit niemals Opfer oder Täter im politischen Sinne. Diesem Umstand bin ich auch heute noch unheimlich dankbar.

 

8 DIE WENDE

 

“ALWAYS IN MY MIND”

 

Die Arbeit sowie der allgemeine Tourneestreß wurden mittlerweile immer größer. Durch den anhaltenden Erfolg bei den Medien wie Rundfunk, Fernsehen und besonders der Schallplatte resultierten daraus die überaus wichtigen Liveveranstaltungen, die die finanzielle Grundlage aller Musikgruppen darstellte. Dennoch bildeten diese häufigen Konzerte auch eine Gefahr der Übersättigung. Das Publikum mancherorts, aber auch wir Musiker selber, forderten eine gewisse Weiterentwicklung in musikalischer, aber auch in konzeptioneller Hinsicht. Neue Wege, neue Konzepte, neue Strukturen waren letztendlich aus künstlerischen Gesichtspunkten auch bei POND unerläßlich, so daß bereits Ende 1987 zwischen Harry und mir die Entscheidung getroffen wurde, bis  1988 noch weiterzuarbeiten, dann die Formation in dieser Besetzung aufzulösen. Klar war jedoch auch, daß POND auf alle Fälle weiterbesteht. Als POND  im Dezember 1988 zunächst die Livetätigkeit einstellte und Harald Wittkowski nach sieben Jahren die Band verließ, wollte ich zunächst eine Schaffenspause einlegen und mir ein neues musikalisches Programm mit neuer Konzeption aufbauen. Auch meine beiden Techniker, darunter unser ältester Sohn Sven, der Lichttechniker bei POND war, suchten neue Herausforderungen. Nachdem ich drei Monate an meiner neuen musikalischen Konzeption gearbeitet hatte und diese im März 1989 beendete, war ich auf der Suche nach neuen Leuten. Bei einem Gespräch am familiären Mittagstisch bekundeten meine Söhne Frank und Sascha Interesse an einer professionellen Zusammenarbeit in  meiner Gruppe. Auf diese Idee bin ich bis dato nicht gekommen, dabei lag sie eigentlich doch so nahe. Trotzdem keine leichte Entscheidung für mich, denn solch eine familiäre Zusammenarbeit hat eben nicht nur Vorteile. Egal, fortan gingen beide nach ihrem Alltag als Fachverkäuferlehrlinge in mein Studio, um sich mit der Technik und dem Instrumentarium wie Keyboards, Synthesizer, Sampler und Musikcomputer vertraut zu machen. Unter meiner Anleitung lernten sie die Titel und Kompositionen und den damit verbundenen Einsatz der entsprechenden Instrumente. Es war nicht einfach, aber wir alle wollten, daß es möglichst zügig voranging. Bereits vier Monate später gab die neue Pond-Besetzung ihr Debüt beim “Pfingsttreffen 1989” auf dem Alexanderplatz vor dem Roten Rathaus. Der wirkliche Startschuß der neuen Pond-Ära ging allerdings am 5.August 1989 in Dresden über die Bühne, genauer: über die Freilichtbühne  'Junge Garde'... Mit dabei war neben anderen Gruppen der Stargast und Hauptakteur des Abends Klaus Schulze, einer der Protagonisten der elektronischen Musik. Es war ein toller Abend und ein gelungenes Konzert vor 6000 Besuchern.

Klaus Schulze war für mich ein Vorbild und irgendwie mit Anlaß, daß ich 1980 den Weg zur Elektronischen Musik einschlug. TANGERINE DREAM, der andere große Pfeiler der Elektronischen Instrumentalmusik, hatte ich zuvor schon in verschiedenen Städten wie Berlin, Magdeburg und Gera live erlebt. Nun standen wir, POND und Klaus Schulze, zusammen auf einer Bühne, um gemeinsam zu musizieren. Ein wunderbares Gefühl. Und Frank und Sascha? Das war ihr erstes Konzert bei POND überhaupt, und das vor so einer Kulisse, vor so vielen Leuten mit namhaften Gruppen und Bands. Und, es war auch von uns ein gelungenes Konzert, ein guter Einstand.

POND war von nun an in neuer Besetzung. Nach solch einer langjährigen Zusammenarbeit mit Harry war eine Veränderung in musikalischer wie auch organisatorischer Hinsicht willkommen. Ich freute mich sehr auf ein neues Kapitel der Pondlaufbahn, obwohl die bisher erreichten Erfolge mehr als zufriedenstellend waren. Das 'Familienunternehmen' POND ging fortan auch musikalisch neue Wege. Ich kehrte, zumindest teilweise, zu meinen Wurzeln zurück, indem ich ein Elektronikdrumset einsetzte. So trommelte ich zu den neuen Titeln, die fast alle rhythmischer angelegt waren, meine Drumparts. Frank und Sascha bedienten die Synthesizer, Sampler und Musikcomputer, womit unser Livesoundteppich wesentlich voluminöser und dichter wurde. Überhaupt wurde nun noch intensiver, härter und professioneller als bisher gearbeitet, da man unter einem Dach wohnte und zu jeder Tages- und Nachtzeit problemlos im Hause proben konnte. Auch unsere neue Technikercrew war sehr qualifiziert und hochmotiviert, so daß die Qualität unserer Liveauftritte insgesamt enorm an Niveau gewann. Wir tourten in den politisch bewegten Zeiten quer durchs Land, bekamen die brodelnde Stimmung hautnah zu spüren. Daß unsere gerade erst begonnene, neue hoffnungsvolle Musikkarriere leider schon wieder zum Landeanflug ansetzte, war zu dieser Zeit noch nicht abzusehen. Zwar wurden  die Veranstaltungen generell weniger, dennoch hatten wir noch gut zu tun. Das sollte sich aber bald ändern.

 

“FINAL COUNTDOWN”

 

Gesellschaftspolitisch war diese Zeit sehr spannend und erwartungsvoll. Es wurde überall diskutiert und debattiert. Über den Staat DDR an sich, seiner Regierung und Fragen wie “Wie soll es weitergehen?”, “Was bringt die Zukunft?” usw. Wir, das Volk, in diesem Falle die Künstler, die Musiker, speziell die Rock- und Popmusiker, wollen eine Veränderung der allgemeinen politischen Lage. Wir wollen mehr Freiheit, auch auf dem Gebiet der Kultur. Wir wollen mehr sagen, schreiben, singen dürfen, so der allgemeine Tenor. Man will teilhaben an einer neuen durch Perestroika und Glasnost-orientierten richtungsweisenden Zukunft. Es wurde eine Sonderveranstaltung für alle Rock- und Popmusiker, Texter und sonstige Kulturschaffenden einberufen, an der Vertreter des Komitees für Unterhaltungskunst und der Regierung teilnahmen. Dort wurde sehr offen über diese Probleme diskutiert und angeprangert, was nicht in Ordnung ist und unbedingt verändert werden muß. Mittlerweile wurde eine Resolution von einer Reihe namhafter Künstler, vor allem Rockmusiker, verfaßt, die diese Veränderungen strikt einforderten und den weiteren Verlauf der momentanen Politik nicht mehr hinnehmen wollten. Es ging sogar soweit, daß diese Resolution von den unterzeichnenden Musikgruppen öffentlich vor einem Konzert vorgetragen werden sollte. Dies wurde auch von einigen Bands in die Tat umgesetzt. Allerdings mit wenig Erfolg. Sofort wurden republikweit alle Kulturhäuser von dieser Aktion informiert, mit der Auflage, das zu unterbinden. Etliche Konzerte wurden aus diesem Grunde abgesagt.

 

Auszug aus der Resolution vom 18.09.1989:

 

“Wir, die Unterzeichner dieses Schreibens sind besorgt über den augenblicklichen Zustand unseres Landes, über den massenhaften Exodus vieler Altersgenossen, über die Sinnkrise dieser gesellschaftlichen Alternative und über die unerträgliche Ignoranz der Staats- und Parteiführung, die vorhandene Widersprüche bagatellisiert und an einem starren Kurs festhält.”

Weiter heißt es:

 “So haben wir den Aufruf des NEUEN FORUM zur Kenntnis genommen und finden in dem Text vieles, was wir selber denken, und noch mehr, was der Diskussion und des Austausches wert ist. Wir halten es für überfällig, alte Feindschaften und Vorbehalte abzubauen und zu überwinden.”

Und weiter:

“Dieses unser Land muß endlich lernen, mit andersdenkenden Minderheiten umzugehen, vor allem dann, wenn sie vielleicht keine Minderheiten sind. Wir wollen in diesem Land leben, und es macht uns krank, tatenlos mit ansehen zu müssen, wie Versuche einer Demokratisierung, Versuche der gesellschaftlichen Analyse kriminalisiert bzw. ignoriert werden. Wir fordern jetzt und hier sofort den öffentlichen  Dialog mit allen Kräften. Wir fordern eine Öffnung der Medien für diese Probleme. Wir fordern Änderung der unaushaltbaren Zustände.”

 

Diese Resolution wurde an verschiedene Institutionen verteilt, u.a. an ADN, Fernsehen der DDR, Rundfunk der DDR,  ZK der SED,  Ministerium für Kultur, Staatsrat der DDR, Ministerium für Staatssicherheit, MDI, FDGB  u.v.a.

 

Ein 'normales' Arbeiten  war in dieser Zeit fast nicht möglich. Ich erinnere mich, daß wir am 6.Oktober 1989 in einem Vorort von Dresden vor 15 Zuschauern auftraten. Der gesamte Ort  war unter anderem in der  Dresdener  Innenstadt und lieferte sich mit der Polizei und der Staatssicherheit eine Schlacht. Auf der nächtlichen Rückfahrtsahen wir dutzende Überfallkommando-

wagen und Armeefahrzeuge. Es war unheimlich. Es brodelte überall.

Ich war damit beschäftigt, meine Band zu einem Gastspiel nach Westberlin zu verhelfen. Ein Veranstalter, der besonders auf Elektronische Musikevents spezialisiert war, wollte unbedingt POND als Gastgruppe einladen. Nach vielen Anfragen und Anträgen bei diversen  Institutionen durften wir nun das erste Mal als Gruppe außerhalb der DDR auftreten. Ich erspare mir das Wort 'Ausland', wie es ja offiziell hieß. Und dies mit fast der gesamten Familie, denn zu dieser Zeit bestand die Gruppe aus drei Musikern: Paule Fuchs nebst seinen Zwillingssöhnen. Das alles fand am 04.11.1989 statt. Das war jener Tag, als auf dem Alexanderplatz die große Kundgebung stattfand. Wir hatten es endlich geschafft, durften ab sofort als Gruppe auch in Westberlin und Westdeutschland und, wenn Angebote vorlägen in allen anderen 'kapitalistischen' Ländern auftreten. Das Publikum in der 'Weißen Rose 'in Schöneberg war begeistert von unserem Auftritt. Fünf Tage später fiel die Mauer!

 

“GOOD BYE MY LOVE, GOOD BYE”

 

“Die Mauer fiel”. Das steht hier so banal. Die Mauer war einfach 'mir nichts, dir nichts' von einem auf den anderen Tag praktisch nicht mehr da. Ein deutscher  Menschheitstraum wurde wahr. Endlich dieses Monstrum weg. Ich selbst hatte es mir doch so sehnlichst gewünscht. Jahrelang, jahrzehntelang davon geträumt. Und nun wurde dieser Traum Wirklichkeit. Es war einfach nicht zu begreifen. Jedenfalls nicht so schnell. Das ist wie so oft im Leben. Du wünschst dir etwas über einen längeren Zeitraum ganz doll. Und eigentlich ist es auch fast unmöglich, daß dieser Traum wahr wird. Doch dann geht tatsächlich dieser Traum in Erfüllung. Plötzlich weißt du nicht mehr genau, ob du dich freuen sollst oder nicht. Genauso erging es mir. Einerseits freute ich mich riesig, andererseits wurde ich nachdenklich. Ich wußte, daß dies das AUS für POND bedeutete. Zumindest würde es in dieser bisherigen Art und Weise so nicht mehr weitergehen. Und nicht nur für uns. Es war mir klar, daß das das Ende der gesamten DDR-Kultur war und daß davon wenig übrig bleiben wird. Aber es kam noch schlimmer! Sozusagen die Ironie des Schicksals. Anfangs konnten wir Musiker es kaum erwarten, in den Westen  reisen zu können, 'rüber zu fahren', um dieses oder jenes zu sehen, und nun, wo wir es können, verlieren zunächst ausnahmslos alle Musikgruppen und Bands ihre Existenzberechtigung. Von Heute auf Morgen gehen fast alle Kapellen kaputt, verlieren Musiker, Techniker und sonstige Mitarbeiter ihren Job und stehen vor dem 'AUS'. Auf der einen Seite die Freude über die Öffnung der Mauer und die neuen Möglichkeiten. Auf der anderen Seite die Trauer über den Verlust des eigenen Musikunternehmens und den damit verbundenen ökonomischen und ideellen Einbußen. Aber beides zum Nulltarif geht eben nicht. Mußte es aber so abrupt und überaus hart vollzogen werden? Aber mit diesem Umstand mußten nicht nur die Künstler und Kulturschaffenden klarkommen, sondern jede einzelne Person des untergegangenen Staates. Ich kann aber nur für mich bzw. nur für die Musiker das Geschehene kommentieren. Und das war schlimm und hart.

 

“DER LETZTE WALZER”

 

POND konnte sich aber jedoch - im Vergleich zu anderen Gruppen - recht lange über Wasser halten. Natürlich wurden die Veranstaltungen immer weniger, je mehr die Zeit voranschritt, unserer Spielfreude tat das aber keinen Abbruch. Mit der noch jungen  Besetzung und dieser modernen Spielweise setzten wir unsere erfolgreiche Arbeit fort. Wie erwähnt, konnte ich unsere dritte LP MASCHINENMENSCH bei Amiga unter Dach und Fach bringen. Eingespielt haben wir diese im Studio von Christoph Franke, einer der Köpfe der legendären TANGERINE DREAM. Es war eine schöne Erfahrung und ein angenehmes Arbeitsklima in seinem ungewöhnlichen, riesigen Tonstudio. Das Cover, eine Airbrusharbeit, besorgte ich noch persönlich und bezahlte dies privat, hatte somit der Platte ein doch sehr gelungenes Outfit verschafft, die allerdings in den Wendewirren unterging. Mittlerweile habe ich diese CD neu aufgelegt, sie ist im Fachhandel erhältlich.

Trotzdem ging auch unser Tourneeleben so langsam aber sicher dem Ende entgegen. Konkret gaben wir unsere letzten Konzerte am 07. und 08.12.1990  im Westberliner Planetarium am Insulaner in Steglitz. Zu meinem 42.Gebutrstag. Danach war erst einmal Schluß, zumindest was das Tourneegeschäft betraf. Nun hatten wir Zeit genug, um uns im hauseigenen Studio auszutoben, wovon wir immer träumten, denn durch den Tourneestreß blieb uns dafür wenig Zeit. Aber die Konzerte waren unsere Haupteinnahmequelle, die nun versiegte. Was nun tun?  Wir konnten und mußten nun produzieren, was das Zeug hält. In dieser Zeit wollte niemand mehr irgend etwas von den 'einheimischen' Bands weder hören noch sehen. Ostrock war völlig out. Dabei eine logische Sache, die Bevölkerung wollte endlich auch die internationalen Stars live erleben, ihre Platten kaufen. 'Ihre' Ostkünstler hatten sie ja lange genug konsumiert.

Also legten wir zunächst unser Hauptaugenmerk auf die moderne, international angesagte kommerzielle Musik. Da meine Söhne durch ihr jugendliches Alter sich auch musikalisch dieser Musikart  hingezogen fühlten, entwarfen sie viele Ideen und Grundgedanken, die aber dann im Team zu dritt produziert wurden. Dance, Rap Techno und Trance war nun unsere Hauptschiene, ohne dabei  POND aus den Augen zu verlieren. Im Gegenteil. Moderne, zeitgemäße Stilelemente dieser neuen Musik  könnten  auch in die Pondmusik mit einfließen, wenn diese sich mit meinen Vorstellungen decken und unserem zukünftigen Sound gut zu Gesicht ständen. Und warum nicht zweigleisig fahren? Auf dem einen Gleis in Ruhe und mit Bedacht POND weiterzuentwickeln und auf dem zweiten Gleis junge, erfrischende Popmusik im weitesten Sinne zu produzieren. So war unsere erste Single nun auf dem internationalen Markt eine Technoversion von “SPIEL MIR DAS LIED VOM TOD”. Dieses Lied ist in der Originalfassung von Gründung an der Gruppe POND Bestandteil des Repertoires und auf unserer dritten LP “MASCHINENMENSCH” verewigt. Und tatsächlich konnten wir dieses Lied über einen befreundeten Jungmanager an ein namhaftes Label an den Mann bringen. Das machte uns Mut, auch weil zwischenzeitlich alle Geldeinnahmequellen des Ostmusikers gekappt wurden. Es gab keine Kulturhäuser mehr, die Veranstaltungen  durchführten, denn nun mußten Eigentumsfragen der Objekte geklärt werden. Die NVA-Klubhäuser bestanden auch ebenfalls nicht mehr. Die kleinen Jugendklubs waren auf sich gestellt, hatten mit Geld und ebenfalls Restitutionsansprüchen zu kämpfen. Konzerte geben war also unmöglich. Als nächstes wurde der Rundfunk abgewickelt. Das heißt, er existierte nicht mehr. Dies bedeutete wiederum, daß wir keine Tantiemen von gesendeten Titeln bekamen. Danach wurde das DDR-Fernsehen aufgelöst. Auch hier bekam man von nun ab kein Geld. Einzig und allein AMIGA, die Plattenfirma existierte noch und war dabei, sich dem neuen Markt zu stellen. Aber auch sie mußte von nun an mit neuen Maßstäben rechnen. Glücklicherweise konnte ich aber noch rechtzeitig dort unsere dritte LP veröffentlichen.

 

“FOX ON THE RUN”

 

Kurz: von nun ab waren alle Verbindungen gekappt, die uns bis dato finanzielle Einnahmen bescherten. Investitionen in die Musikinstrumententechnik standen in der nächsten Zeit nicht mehr auf der Tagesordnung. Um unseren Lebensunterhalt mitabzusichern, gründete ich eine kleine Firma, später noch eine zweite, die sich mit Metallschildern und  CD-Verpackungen  befaßte. Zunächst mußte man sich der neuen Zeit stellen und - vor allem - erst einmal klarkommen. Für andere Künstler, die weit mehr im Rampenlicht standen und als Frontmann oder Frontfrau ihr Gesicht hinhielten, sicherlich noch viel schwieriger den plötzlichen Popularitätsverlust verarbeiten zu müssen. Einfach nur zu sagen: 'Dann spielen wir eben im Westen! ' ging nicht, denn dort war man vollends unbekannt. Außer vielleicht die PUHDYS  oder  KARAT,  und die auch nicht überall. Im übrigen war mit Fall der Mauer auch der 'Exotenbonus ' der ostdeutschen Bands verspielt. Es kam noch krasser: die unbeschreibliche Arroganz vieler Musikredakteure, die 'Ostgruppen' nicht spielten. Man hörte gar von Anweisungen einiger Rundfunkanstalten, daß das Spielen von  'Ostbands ' untersagt sei. Wenn das tatsächlich stimmt... - da fallen einem plötzlich Erinnerungen ein, die vor Urzeiten in der DDR stattfanden. Und nun die gleichen Repressalien, halt nur anders verpackt, im vereinten Deutschland? Aber jammern hat noch nie genutzt. Man muß sich eben behaupten. Leider leichter gesagt als getan.

Wer dieses Geschäft kennt, weiß, daß es nicht ausreicht, wenn man einen guten Song hat. Das ist sowieso zumindest erst einmal Grundvoraussetzung. Es muß ein Titel sein, der Hitpotential besitzt. Aber dennoch bleibt es sehr schwer, diesen an den 'Mann' zu bringen. Diese überforderten A/R-Leute (das sind die Artist & Repertoire-Manager, die für ihre Plattenfirmen entscheiden, was sie veröffentlicht) bekommen wöchentlich Wäschekörbe voller Demotapes, die sie meist gar nicht abhören, nicht abhören können. Wie soll dann 'Dein Hit' überhaupt entdeckt werden? Darum benötigt man jemanden, der sich in dieser Branche sehr gut auskennt und auch über die entsprechenden Connections verfügt. Davon gibt es sicherlich nicht allzu viele, denn seriös müssen solche Leute obendrein auch noch sein. Ein schwieriges Unterfangen. Also mußte ich 'ran. Wie ein Fuchs die Spur aufnehmen... Paule Fuchs auf der Flucht, aber auf der Flucht nach vorn !

 

9   DIE NEUE ZEITRECHNUNG

 

“IT'S A SHAME”

 

Zumindest wollten wir ab sofort wenigstens die neuen Möglichkeiten nutzen, die die Wende mit sich brachte. Schließlich war die Chance, schnell und einfach reich und berühmt zu werden, vorhanden (sexy waren wir ja schon)! Aber denkste! Die Misere fing erst richtig an. In der DDR hatte POND einen Namen. In Westberlin kannte uns kein Schwein, ganz zu schweigen von Westdeutschland. Es galt ganz von vorn anzufangen. Klinkenputzen war angesagt. Ich war mir nicht zu fein dazu. So bewaffnete ich mich mit Info- und Demomaterial von POND und ging in Radio- und Fernsehsendern, Werbeagenturen und Schallplattenfirmen ein und aus. Besser gesagt, vorne rein und hinten raus. Manchmal auch umgekehrt. Aber es half nichts. “Kein Bedarf”, ”Im Moment ausgebucht”, ”Tut uns Leid” und weitere aufmunternde Sätze. Mal ganz abgesehen von der Schwierigkeit, überhaupt einen Termin bei dem richtigen Ansprechpartner zu bekommen, war dies eine zermürbende und auch teilweise erniedrigende Art. Ich erinnere mich, daß ich hoffnungsvoll kurz nach der Wende nach Hamburg zu einer renommierten Majorplattenfirma fuhr, um die Gruppe  POND vorzustellen. Zuerst ließ mich eine hübsche, aber sehr blonde Vorzimmersekretärin eine geschlagene dreiviertel Stunde im Foyer warten. Dann endlich das Signal zum Start: “Der Chef ist jetzt gesprächsbereit!” Ich ging also rein, machte artig meinen Diener und stellte mich kurz vor. Weiter kam ich nicht. Noch im Türrahmen stehend, klingelte das Cheftelefon. Ohne daß er mich begrüßte, sprach er erst einmal mit der Anruferin. Ja, es war kein dringendes dienstliches  Fachgespräch, sondern eine Kurzauswertung des gestrigen privaten Flirtabends. Und das bei meiner immer noch im Türrahmen stehenden Anwesenheit. Es wurde gelacht, geschäkert und poussiert. Da wurde das etwa vierminütige Telefon-Tete a Tete zum abendfüllenden Programm. Ich stand da wie ein begossener Pudel und wußte nicht, ob ich gehen oder bleiben sollte. Da waren die Fahrtkosten, der lange Weg, das erste Mal Hamburg, die Strapazen. Und natürlich die Hoffnung auf einen eventuellen Deal. Vielleicht klappt's  ja doch...  Andererseits konnte ich das Bild und die Situation nicht länger ertragen: Der Plattenboß fletzte sich gemütlich räkelnd  in seinem nappalederbezogenem Direktorensessel, die Cowboystiefel auf dem Tisch parkend, eine dicke Havannazigarre lässig im Mundwinkel haltend immer noch prahlerisch plaudernd in seinem Erotiktelefongespräch vertieft. Es war widerlich und demütigend und exakt so, wie man es sich oft im Klischee vorstellte. Nur die Dollarzeichen in den Augen konnte ich nicht entdecken, da diese von einer dicken, dunklen Sonnenbrille verdeckt wurden. Mir reichte es. In dem Moment, als ich mich entschloß zu gehen, beendete er das Telefongespräch. Eigentlich war es mir jetzt wurscht, was er erzählen würde. Viel war es ohnehin nicht, denn unser Gespräch war wesentlich kürzer als sein vorangegangenes Telefonat. So etwas wollte ich nie wieder erleben.

 

“SPIEL MIR DAS LIED VOM TOD”

 

Ich abonnierte zwei wichtige Musikfachmagazine, die mich auf dem Laufenden halten sollten, was die Charts sowie allgemeine Strömungen und Tendenzen der Musikszene betrifft. Ich war also stets gut informiert, was so auf dem Musikmarkt passiert. Das mußte man auch, wenn man auf aktuelle Begebenheiten schnell reagieren möchte. Mit unserer Technofassung von 'Spiel mir das Lied vom Tod' waren wir ziemlich erfolgreich. Dies war sozusagen unsere Antwort auf den großen Hit von U 96 mit “DAS BOOT”. Auch diesen Titel coverten wir nochmals und bearbeiteten die Film-Themen von “TERMINATOR” sowie “NEBEL DES GRAUENS”  (”THE FOG”). Zusammen mit 'DAS LIED VOM TOD' wurde eine weitere Maxi-Single veröffentlicht, die ebenfalls gut lief. Also Mut zum Weitermachen. Ich mußte nur mein Ohr am 'Geschehen' haben und die entsprechenden Ideen entwickeln. Techno war nun angesagt und jedes Thema recht, es in dieser musikalischen Spielart zu verwerten. Also war ich auf der Suche... - was könnte man noch produzieren? Immer am Ball bleiben.

Die nächste Idee ließ nicht lange auf sich warten. Henry Maske, ein junger, dynamischer Boxer machte mit seinen sportlichen Erfolgen immer mehr auf sich aufmerksam. Auch sein Auftreten vor dem Kampf wurde immer mehr zum Spektakel. Lichtshow, Dramaturgie und dazu ein toller Song. Das war es. Besonders beeindruckend: das bombastische Musikstück. Ein Werk von CARL ORFF: ”CARMINA BURANA”. Eine tolle Inszenierung. Und Henry Maske hatte auch immer größeren sportlichen Erfolg. Er gewann ab sofort jeden seiner Kämpfe. Und dieses Lied... . Nachdem bekannt wurde, daß es Ärger mit den Inhabern der musikalischen Rechte gab, mußte Henry Maske nach einem anderen Titel Ausschau halten. Sehr unklug von dem bisherigen Verlag, die Verwendung des urheberrechtlich geschützten Werkes zu untersagen, sind doch so diesem Verlag Einnahmen in Millionenhöhe entgangen. Nun gut. Ein neuer Titel mußte gefunden werden. Vielleicht war dies unsere Stunde? Ich verfaßte ein paar persönliche Worte und bot Herrn Maske an, ihm eigens für sein Boxringentree eine Hymne zu produzieren. Leider bekam ich keine Antwort. Es hätte auch nicht viel genützt, denn die Marktgesetze funktionieren nämlich völlig anders. Ohnehin hatte er oder besser gesagt seine Plattenfirma schon längst eine Nachfolgemusik: “CONQUEST OF PARADISE” von VANGELIS. Ebenfalls eine sehr schöne Komposition und ein von mir persönlich verehrter Komponist. Aber eigentlich hatte dieser Titel seinen Horizont bereits überschritten. Er war Teil der Filmmusik von dem Streifen “1592 - Conquest of Paradise”. Aber wie das so ist in diesem Geschäft. Der Titel kam wieder zu Ehren und sollte eine der meistverkauftesten Singles in Deutschland werden.

 

“LET'S GET READY TO RUMBLE”

 

Irgendwie gefiel mir die Melodie, da sie sehr meiner musikalischen Intention entsprach. Durch jeden Boxauftritt wurde die Melodie bekannter und beliebter. So kam mir die Idee, von dieser schönen, ruhigen Melodie eine moderne Danceversion zu produzieren. Und als Krönung sollte der bekannte Ringansager MICHAEL BUFFER sein gekonntes, langgezogenes Maaaaaskeeee... darauf sprechen. Das war die Idee! Aber wie umsetzten? Also setzte ich mich mit diversen Leuten telefonisch in Verbindung und eruierte, woher  ich die Telefonnummer von Michael Buffer bekommen könnte. Nach etlichen Nachfragen bekam ich nun die gewünschte Nummer. Ich setzte mich hin und entwickelte einen in englischer Sprache verfaßten Text, den ich sprachgewandt und lässig 'rüberbringen' wollte, als wäre es eine der leichtesten Übungen. Nun gut, ich rief an. Plötzlich war die Stimme von Michael Buffer zu hören. Laut und ganz klar. Und alles in seiner tiefen und sonoren Stimme. Aber es war leider nur der Anrufbeantworter. Ich stammelte meinen auswendig gelernten Satz auf den AB und das war's. Tagelang hörte ich nichts, bis ich eines Nachts von der Telefonklingel jäh aus dem Schlaf gerissen wurde. Noch im Schlaf versunken gähnte ich ein unfreundliches “Ja?” in den Hörer. Am anderen Ende der Leitung ertönte ein “Hello, here is Michael Buffer”! Ich stand senkrecht im Bett und stotterte ”Please wait a minute Mr.B Bbuffer!” Ich stürzte hellwach in meine Latschen und rannte in das Kellergeschoß, indem sich mein Studio befindet. Dort lag nämlich mein Spickzettel. In dem relativ kurzen Gespräch verwies er mich wieder zu einem anderen Manager, der von mir eine verhältnismäßig große Gage für den einen Satz ”Let's get ready to rumble” forderte. Im übrigen bekam ich auch keine Bearbeitungsgenehmigung für die Komposition. Also aus der Traum?

Noch nicht ganz...

 

“GO, HENRY, GO!”

 

Eines Abends beim Fernsehgucken ging mir die 'Conquest-Melodie' nicht aus dem Kopf. Und plötzlich war mir klar, warum ich eine solch starke Affinität zu diesem Titel hatte. Es waren die Töne meiner Komposition 'Planetenwind'. Diese Ähnlichkeit war beeindruckend. So entschied ich, daß wir meinen Titel 'Planetenwind' in einer Danceversion produzieren und ihn “GO, HENRY, GO!” nennen. Dies war ein Leitthema bei einem seiner Kämpfe. Auch fand ich einen Vertrieb, der diese Maxi-CD relativ gut absetzte. Ein Exemplar geriet in die Hände eines GEMA-Angestellten, der mir per Brief mitteilte, was mir schon des öfteren von einigen  Leuten vorgeworfen wurde, nämlich, daß ich das Thema von Vangelis geklaut hätte und aus diesem Grund keine Veröffentlichung mehr erfolgen könne.

Nun war das Maß voll. Ich war gezwungen, den Gegenbeweis anzutreten. Ich gab meine Unterlagen einen Musikwissenschaftler, der eine 'verblüffende Ähnlichkeit'  und eine Übereinstimmung der ersten sieben Töne feststellte. Aber genau aus diesen Tönen besteht ja fast die gesamte Hauptmelodie, also der bekanntere Teil des Werkes. Ich  übergab diese Angelegenheit einem renommierten Rechtsanwalt, der sich auf dem Gebiet gut auskennt. Auch er erkannte die verblüffende Ähnlichkeit und räumte mitunter gewisse Erfolgschanchen ein, dies über ein Gerichtsverfahren klären zu lassen. Dennoch wies er auf einen langjährigen Prozeß hin, der Zeit und erhebliche Kosten verursachen würde. Außerdem könne aber ein Sieg in solch einem Falle nicht erwartet werden, vielmehr läuft es im allerbesten Fall auf einen Vergleich hinaus. So beendete ich diese Angelegenheit und war wieder um einige Erfahrungen reicher und ein paar Mark ärmer. Außerdem kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, daß ein Komponist wie Vangelis bei Paule Fuchs aus Schwanebeck 'abkupfert'. Das hat er nicht nötig. Wie schon erwähnt, verehre ich diesen Herren als Komponisten. Obwohl, ein wenig geschmeichelt fühlte ich mich schon bei diesen Vergleichen...

Nicht lange grübeln. Weiter nach vorn blicken. Die nächste Aktion war schon in Anmarsch. Wie wär's denn mit der 'Haribo-Hymne'? Gesagt, getan! Verhandlungsgeschick mit den verschiedenen Großfirmen und bekannten Namen hatte ich mittlerweile genug gesammelt. Berührungsängste in solchen Angelegenheiten kannte ich mittlerweile auch nicht mehr.Nach einigem Hin und Her bekam ich die Genehmigung der Bearbeitung der Melodie. Als diese Produktion in unserem Studio fertiggestellt wurde, las ich in einer der  abonnierten Fachblätter, daß sich ein Produzent vorstellen könne, das 'Haribolied' zu produzieren. Schneller geht's nicht, dachte ich mir und schickte sofort das Tape hin. Eine Woche später hatten wir den Vertrag in der Tasche. Das war punktgenaues Timing. Oder wie sagt man, zur richtigen Zeit mit dem richtigen Ding am richtigen Ort?

 

“NICE LIFE”

 

Hauptsächlich produzierten wir Titel, die es schon gab, nur von uns ein neues Gewand erhielten, sogenannte Coverversionen. Diese konnte ich mit Hilfe unseres befreundeten Jungmanagers fast ausnahmslos an renommierte Schallplattenfirmen 'verkaufen'. Daß einem dies schon gelang, war durchaus als Erfolg zu werten. Auch liefen sie nicht schlecht, obwohl sie den großen Durchbruch und damit den großen 'Renner' nicht schafften.

So langsam hatten wir den Bogen raus, wie man kommerzielle Dancemusic erfolgreich produziert. Es war an der Zeit, selber eine Danceformation zu gründen, in der FRANK UND SASCHA zugleich Interpreten als auch, zusammen mit mir, Autoren der eingespielten Titel waren. Nach kurzer Suche fanden wir einen sehr sympathischen deutsch -afrikanischen Rapper sowie eine deutsch-türkische Sängerin für dieses Projekt, welches sich DOUBLE FOX nannte.

Frank und Sascha bedienten die Keyboards, Rapper Chucky und Sängerin Yasemine rapten bzw. sangen die eigens von uns produzierten Titel “NICE LIFE” und “PARTY LIONS”. Leider schafften auch diese Titel nicht den Sprung in die Charts. Im übrigen staunte CAPTAIN HOLLYWOOD nicht schlecht, als er bei einem gemeinsamen Konzert den Auftritt von DOUBLE FOX  im Vorprogramm sah. Auch belegte die junge Formation den ersten Platz bei einem Publikumswettbewerb eines Berliner Lokalsenders. Leider wurde für dieses Projekt nicht hart und intensiv genug  gearbeitet, so daß nach einer kurzen, aber erfolgreichen Zeit erst einmal Schluß war.

 

10   BACK TO THE ROOTS

 

“I AM THE BOSS”

 

Allmählich hatten wir alle erdenklichen musikalischen Themen abgearbeitet und es  befriedigte uns immer weniger, Coverversionen von vorhandenen Kompositionen zu produzieren. Genügend Ideen und Konzepte für eigene Pondproduktionen hatten sich seit längerer Zeit angesammelt, die es galt, nun endlich hörbar umzusetzen. Es macht auch halt mehr Spaß eigene Titel zu kreieren als ständig Sachen anderer Leute zu bearbeiten. Hin und wieder macht das zwar schon Sinn, doch wenn es zu viel wird, ist keine echte Spannung mehr vorhanden. Außerdem hatten wir uns erst einmal genug auf diesem Betätigungsfeld ausgetobt. Wir wollten endlich wieder für uns, für POND arbeiten. Und die Zeit war reif dafür.

Langsam aber doch merklich stärker war das Interesse der Bevölkerung aus den neuen Bundesländern zu spüren, sich an die Künstler zu erinnern, die sie jahrelang begleiteten. Eine gewisse Nostalgie oder Ostalgie wurde entfacht und man besann sich wieder auf eine Reihe sogenannter 'Ostkünstler'. Vielleicht war es aber auch etwas mehr als nur Nost- oder Ostalgie. Denn so nach und nach setzte ein gewisses Sättigungsgefühl ein. Man hatte sich in der Zwischenzeit die Künstler live angesehen, die man Jahre oder Jahrzehnte nicht sehen konnte. Nun aber war der Hunger war fürs Erste gestillt. Oftmals wurde bei dem einen oder anderen Interpreten auch festgestellt, daß hier auch nur mit' Wasser gekocht' wird. Man besann sich auf Erfahrenes und auf die eigene Geschichte und verband dies mit persönlichen Erinnerungen. Die Nachfrage nach Tonträgern von Bands und Gruppen aus der EX-DDR stieg an. So wurde auch ich immer häufiger gefragt, ob es nicht neue Tonträger von POND gibt und vor allem, ob die alten Scheiben nun auch als CD erhältlich wären. Zwar veröffentlichte 'DEUTSCHE SCHALLPLATTEN GmbH' wie erwähnt unsere 3. LP/CD MASCHINENMENSCH, diese ging aber sang- und klanglos unter und war auch nicht mehr reproduzierbar.

Dies brachte mich auf die Idee, meine eigene kleine Plattenfirma zu gründen. Ich beschäftigte mich nun zusätzlich mit all den bürokratischen Dingen, die auf einem zukommen, wenn man solch ein Unternehmen ins Leben ruft. Wo meldet man was an? Wie bekomme ich eine Labelcodenummer? Wie funktioniert das mit der GEMA und GVL? All diese administrativen  Angelegenheiten mußte ich mir allein ohne Hilfe aneignen. Klar machte das viel Arbeit, aber ich lernte auch eine Menge über diesen Job im Showbizz.

 

Bei einem unserer gelungenen Planetariumskonzerte in Jena sprach mich der ehemalige Leiter des Objektes  an und fragte, ob POND nicht eine Auftrags-CD für Planetarien allgemein produzieren möchte. Da gab es nichts zu überlegen. Ich sagte sofort zu. Schon vierzehn Tage später befaßten wir uns mit diesem Projekt, das sehr interessant war und großen Spaß bereitete, denn solch ein Thema ist für elektronische Instrumentalmusik wie geschaffen. Obendrein bekommt man ein derartiges Angebot nicht alle Tage. Bereits nach drei Monaten beendeten wir die Arbeiten für unser viertes Album “SPACE WALKS”, das in Zusammenarbeit mit der CARL-ZEISS-JENA GmbH” produziert wurde und seitdem in vielen Ländern, speziell in Planetarien vertrieben wird. Das war die erste Veröffentlichung auf dem hauseigenem Label  PONDEROSA RECORDS.

Ein Album, welches im selben Jahr ebenfalls auf meinem Label erschien, das aber oft vergessen wird, möchte ich noch erwähnen, da dies als 'Einstiegsarbeit' von Frank und Sascha unter meiner Regie erarbeitet wurde und auch  in den Pond-Backkatalog von mir aufgenommen wurde: FROHE WEIHNACHT!  Es ist keine übliche Elektronik-CD im herkömmlichen Sinne, sondern einfach eine Instrumentalversion von den schönsten Weihnachtsliedern mit elektronischen Instrumenten eingespielt. Dennoch fügt sich diese Arbeit homogen in unseren Backkatalog und zeigt eine weitere Facette unserer künstlerischen Bandbreite. So konnte ich mit diesen beiden Produktionen mein kleines Label etablieren, welches hauptsächlich POND-Alben veröffentlicht. Vergeblich hatte ich noch versucht, die Rechte für alle meine Titel von der damaligen 'Deutsche Schallplatten GmbH' zu bekommen. Das klappte leider nicht ganz, so daß ich wenigstens aber die Lizenzrechte von der BMG BERLIN MUSIK GMBH, dem Nachfolger des Rechteinhabers erwerben konnte. Somit kann ich nun alle bisher produzierten Scheiben in Eigenregie bei PONDerosa Records veröffentlichen. Ich wählte den Namen PONDerosa, weil die ersten vier Buchstaben unseren Bandnamen ergeben. Ponderosa heißt die Farm in der TV-Serie 'BONANZA'. Mit Cowboymusik hat  POND  allerdings wenig zu tun, abgesehen von der Bearbeitung der Westernklassikermelodie 'SPIEL MIR DAS LIED VOM TOD' aus dem gleichnamigen Spielfilm.

Mit der neuesten Veröffentlichung des Albums “AUF DER SEIDENSTRAßE”, die es bis dato nicht als CD gab, sind nun wieder alle Alben wie “PLANETENWIND” / “AUF DER SEIDENSTRAßE” und “MASCHINENMENSCH” über uns bzw. über den besonders auf 'Ostrockkünstler' spezialisierten Vertrieb BUSCHFUNK erhältlich. “SPACE WALKS” sowie “FROHE WEIHNACHT” und die Jubiläumsausgabe “THE BEST OF POND - GOLD EDITION”und nicht zuletzt unsere Birthday-Box (zum 25.POND-Geburtstag) mit dem Album TransPONDer und dem POND-Buch ergänzen unseren Backkatalog.

 

“IT'S A MIRACLE”

 

Nachdem nun meine eigene kleine Plattenfirma gegründet war und unsere Tonträger in den Regalen standen, empfand ich eine gewisse Genugtuung über das Erreichte. Dennoch war ich immer auf der Suche nach irgendwelchen Nischen im Bereich der Musikindustrie. Neue Ideen sind wichtig. Und ich war bemüht mir immer etwas Neues einfallen zu lassen. Ein Freund, und wie sich heraus stellte, ein früherer Fan von POND, erfand eines schönen Tages die nichtrunde CD. Also eine übliche CD, die in einer besonderen Form 'geschnitten' ist. Die sogenannte SHAPE-CD, die sich bis heute großer Beliebtheit erfreut und in verschiedenen Formenvarianten millionenfach produziert wurde.

Um unsere eigenen Produkte gut an den Mann zu bringen, mußten wir uns eben auch etwas Besonderes einfallen lassen. Nach langem Grübeln kam ich auf die Idee, nicht die CD zu verändern, sondern der Hülle eine neue Form zu geben. Das klingt im Nachhinein recht einfach und logisch. Aber man muß wie bei jeder anderen Erfindung erst einmal darauf kommen. Und dann der riesige Schritt von der Idee bis zur praktischen Umsetzung derselben. Dazwischen liegen Welten. Viele scheitern schon am Anfang an den bürokratischen Hürden oder am notwendigen Kapital. Aber nicht mit mir! Ich habe mir dies in den Kopf gesetzt und das muß nun durchgezogen werden. Bloß wie? An wen muß ich mich wenden?  Wie wird das Projekt in die Tat umgesetzt? Viele zeigten mir einen Vogel und machten mir keine Hoffnung. Das aber spornte mich noch mehr an. Ich mußte also eine CD-BOX erfinden, die eine neue Form hat und wirklich anders aussieht. Die aber trotzdem im Regal stehen kann und sich dazu noch von den anderen 'normalen' Boxen optisch abhebt. Ich entschied mich für eine 'Bärenkopfform', weil wir gerade für HARIBO das Lied neu aufnahmen. Das war die Idee! Wir erarbeiten gleich ein ganzes Album für Kinder in dieser Art. Die SCHLÜMPFE waren schon sehr erfolgreich damit. Also produzierten wir zwölf Titel im 'schlumpfähnlichen' Stil, die entweder aus altbekannten Kinderliedern bestanden, meistens aber Eigenkompositionen sind.

Zeitgleich befaßte ich mich intensiv mit der technologischen Materie der Hüllenkonstruktion. Nach vielen Gesprächen, Besuchen und Diskussionen mit Fachleuten und Technikern hielt ich fast ein dreiviertel Jahr später meine Weltneuheit in den Händen.

Die : CD-FORM-BOX,  die ich patentrechtlich absicherte. Das Cover bzw. die CD-Hülle stellt einen Bärenkopf dar. Der Titel, der speziell für Kids und Teens produzierten Scheibe lautet: DIE GUMMIBÄREN . Diese neuartige CD-Verpackung fällt jedem sofort ins Auge und ist auch für andere Tonträgerproduktionen eine tolle Marketingidee. Zwischenzeitlich hatte eine große Plattenfirma Interesse an der Kinderplattenkonzeption bekundet, ohne jedoch von der Erfindung zu wissen. .Ich ließ es mir nicht nehmen, bei der nächsten Absprache betreffs Vertragsverhandlung eigens nach Düsseldorf zu reisen. Als ich von der CD-FORM-BOX erzählte, konnte sich niemand darunter etwas vorstellen. Erst als ich diese aus der Tasche zauberte, war die Überraschung perfekt. Ich wurde zugleich zum obersten Direktor förmlich hingetragen. Man war völlig aus dem Häuschen und wild auf eine enge Kooperation mit meiner kleinen Firma und dieser tollen Marketingidee. Zum allerersten Mal war i c h  in der erhabenen Position des Umschmeichelten. Das war ein großartiges Gefühl. Mit einem überaus großzügigen Vertrag in der Tasche fuhr ich befriedigt nach Berlin zurück. Das war d e r Deal. Er entschädigte vieles.

Ich bemerkte, daß ich mit dieser neuen Geschäftsidee eine Marktnische fand, die nun ausgenutzt werden mußte. So entschloß ich mich, noch weitere CD-FORM-BOX-Typen zu entwerfen und vor allen Dingen auch zu produzieren. Als zweite Variante gibt es mittlerweile eine Box in 'Sternenform'. In diesem Outfit  veröffentlichte ich als Special Edition eine Pond-Jubiläumsausgabe in Gold. Auf dieser CD sind die schönsten, ruhigsten Pondtitel, die unter dem Thema 'Electronic Instrumental Dream Music' zusammengestellt wurden: “THE BEST OF P.O.N.D. - GOLD - EDITION.”  Diese Limited Edition ist nur über PONDerosa Records erhältlich, während die 'Normalausführung' in der üblichen Jewelcase-Hülle über BUSCHFUNK bzw. im Fachhandel zu beziehen ist. Danach folgte noch eine dritte Boxenvariante, die eine runde Form hat. Und auf Anfrage des Erfinders der Shape-CD konstruierte ich eigens für die von ihm entwickelte Visitenkarten-CD-ROM eine anspruchsvolle Hülle. Auf dieser kleinen 'abgeschnittenen' Mini-CD-ROM kann man sich selbst oder eine Firma ihre persönliche Firmenphilosophie optisch und akustisch mit vielen Daten und Fakten darstellen. In naher Zukunft soll diese CD-ROM noch zusätzlich mit einem Speicherchip ausgerüstet werden. Ich denke, daß diese “CHIPDISC” in Zukunft große Erfolge erlangen wird.

All diese Arbeit kostete sehr viel Geduld, Nerven, Geld und Durchhaltevermögen. Ich bin jedoch sehr zufrieden, daß ich meine Träume und Ziele auch in diesem Segment verwirklicht habe. Dennoch bin ich stets bemüht, mir mehr Gedanken über den musikalischen Inhalt meiner Produktionen als über deren Verpackung zu machen. Daß aber eine außergewöhnliche Hülle nun mal die Blicke potentieller Käufer auf sich zieht, ist ebenso klar. Man muß eben das Angenehme mit dem Praktischen verbinden.

 

“THE END OF TIME”

 

Nach all diesen Ausflügen durch sämtliche musikalischen Spielarten war nun der Wunsch zumindest von mir sehr groß, das Hauptaugenmerk wieder auf POND zu legen. Was Frank und Sascha eigentlich so richtig wollten, war mir nicht genau klar. Ich bemerkte nur eine gewisse Unzufriedenheit. Den großen 'Renner' mit den Technothemen hatten wir nicht 'einfahren' können. Das Double-Fox-Unternehmen startete recht gut, scheiterte aber an organisatorischen Dingen seitens der Sängerinnen und Rapper, die überdrehte Vorstellungen hatten. Die POND-Schiene war ihnen mittlerweile zu eingleisig oder eventuell nicht ganz so gelegen, da ihre musikalische Vorliebe sicher der modernen, zeitgemäßen elektronischen Tanzmusik galt. Diese wiederum war eben von den erwähnten ganz gewöhnlichen organisatorischen Gegebenheiten abhängig. Da beißt sich die Katze in den Schwanz. Auch war den Beiden bisher der eigentlich große ruhmreiche und damit verbundene ökonomische Durchbruch verwehrt geblieben. Hinzu kam eine gewisse jugendliche Unruhe und Nervosität endlich das große Ziel zu erreichen.  Jedenfalls wurde die Unzufriedenheit immer stärker, ohne jedoch mal auf irgendwelche Unzulänglichkeiten hinzuweisen oder gar Vorschläge zur Verbesserung zu unterbreiten. So wurde diese Mißstimmung logischerweise auch in den internen, familiären Bereich mit eingebracht, die die Situation nur verschlimmerte. So einigten wir uns auf eine Beendigung der musikalischen Zusammenarbeit. Durch die jahrelange sehr enge Verquickung von Privat- und Jobsphäre war eine enorme feste menschliche Verbindung entstanden, die jedoch durch diese plötzliche Trennung auch Schaden nahm. Eine Trennung war aber unausweichlich.

Immerhin hatten wir in dieser Konstellation ca.8 Jahre unter Profibedingungen hart gearbeitet und es 'miteinander ausgehalten'. Im Nachhinein betrachtet ist das schon eine Leistung. Oft wurde ich Interviews und auch privat darauf angesprochen: ”Ach, wie ist das toll, daß sie mit ihren Kindern auf der Bühne so musizieren können!” Meine Antwort bzw. Gegenfrage lautete dann immer etwas lakonisch: ”Ja, können sie sich vorstellen, mit ihrem Sohn oder ihrer Tochter täglich zusammenzuarbeiten?” Die Antwort, die fast immer kam: ”Ja, um Gotteswillen, wo denken Sie hin? Niemals!”. ”Sehen sie, so einfach, wie es aussieht, ist es nämlich nicht” antwortete ich gelassen. Ich will damit ausdrücken, daß diese Art von familiärer Zusammenarbeit schwieriger ist, als eine mit anderen, fremden Kollegen. Obwohl wir in musikalischer Hinsicht ein Team waren, muß trotzdem einer den Hut aufhaben, wie man so schön sagt, ohne aber gleich autoritär zu wirken. Im Studio soeben noch bei der Produktion tätig, sitzt man gleich darauf am Mittagstisch und bespricht das eine oder andere private Problem an. Nun bin ich der Vater, nicht der “Musikboß”. Ohnehin habe ich nie den Boss raushängen lassen, zumindest habe ich das versucht. Das alles ist nicht so einfach. Schnell verwischen da die Grenzen. Man wird nicht mehr als Vater, sondern mehr als Kumpel behandelt. Oft war ich gewissermaßen der dritte Zwilling. Auf Dauer kann solch eine Verbindung nicht bestehen, eine Trennung gar vorprogrammiert.

Nichtsdestotrotz war die Arbeit sehr produktiv. Immerhin haben wir in dieser Zeit drei POND-Alben, ein Kindertechno-Album, zwei Dancesingles sowie zwei weitere Techno-Dance-Singles veröffentlicht. Dazu kommt eine Reihe weiterer Rundfunk- und Fernsehmusiken, die ebenfalls gesendet wurden. Eine respektable schöpferische Leistung, was die Quantität und vielleicht auch die Qualität betrifft. Dennoch ist es gut und auch völlig normal, wenn man irgendwann getrennte Wege geht. Wenn jeder seine Erfahrungen im musikalischen, wie auch im privaten Bereich selber machen kann. Auch die damit verbundenen Fehler. Jetzt sehe ich das so. Vieles war mir früher auch nicht so bewußt. Ich wollte, daß die Twins da anfangen, wo ich schon war. Dabei ist der steinige Weg, das ständige Auf und Ab, die Erfolge und Niederlagen für eine Persönlichkeitsprägung enorm wichtig. Anfangs hat mir auch niemand geholfen. Im Prinzip mußte ich mir alles selbst und hart erkämpfen. Darauf kann man dann stolz zurückblicken, weil man es sich selbst erarbeitet hat. Ich machte es meinen Söhnen zu leicht. Sie kamen in ein gemachtes Nest. Benutzten meine Musikinstrumente, mein Studio und stiegen ins Auto, wenn es zum Konzert ging. Von KLAUS SCHULZE, TANGERINE DREAM u.a. wußten sie nicht viel. Nur von meinen Erzählungen. Und das 'Riesenkonzert' in Dresden 1989, ihr erstes überhaupt. Vor 6.000 Zuschauern. Konnten sie es überhaupt verstehen? Ja eventuell würdigen? Ich weiß es nicht. Andererseits war es für mich sehr bequem, 'eigene' Musiker im Haus zu haben. Aber ich werfe es ihnen nicht vor, denn sie kannten ja nichts anderes. Jedenfalls müssen und können sie jetzt selbst ihr Glück in die Hand nehmen, selbst ihre Träume wahr werden lassen. Schwer genug ist es ja.

 

“TRUE LOVE NEVER DIES”

 

Für mich begann eine neue Ära. Einerseits waren wir ein gut eingespieltes Team, welches trotz allem sehr erfolgreich arbeitete. Andererseits war ich nun wieder 'frei' und den Druck los, auf Teufel komm raus irgendwie 'erfolgreich' zu sein. Ich begann ganz von vorn. Ich war auch nicht auf dem neuesten Stand der Technik, da vornehmlich Frank und Sascha Computer und Sampler bedienten. So entschloß ich mich, mich von den alten Zöpfen zu trennen und entkernte mein gesamtes Studio. Ein neues Design, neue Instrumente und vor allem ein neues Computersystem wurden angeschafft. Damit mußte ich mich nun erst einmal auseinandersetzen und gänzlich von Null anfangen. Das machte aber riesig Spaß. Nun war ich wieder auf mich allein gestellt und konnte das machen, wozu ich Lust hatte. Um mit dem Computersystem klarzukommen und um diverse Klänge auszuprobieren, fing ich diesmal mit einer Melodie an, die mir jahrelang nicht aus dem Kopf ging. Nur so aus Fun. Es ist die weltbekannte Melodie ARANJUEZ von dem spanischen Gitarristen und Komponisten JOAQUIN RODRIGO. Eine Traummelodie. Als ich so probierte und experimentierte, faszinierte mich das Stück immer mehr, so daß ich mich entschied, eine Version des Werkes für mein nächstes POND-Album zu produzieren. Nachdem ich das Lied ein paar Leuten vorspielte, ermunterten sie mich, dieses Werk mit einem Text zu versehen. Ich fand einen guten Rapper, der meinen Text sehr gut interpretierte. Das Ganze gefiel mir so gut, daß ich davon eine Single herstellte. Geplant ist eine Filmproduktion, in der diese Musik als Soundtrack dienen soll. Das war nach langer Zeit meine erste eigene Produktion in meinem neu eingerichteten Studio. Es war ein neuer Anfang. Ich war stolz und widmete diese Single meiner Frau Sabine, die all die Höhen und Tiefen meiner, unserer bewegten Laufbahn mitmachte und mich stets unterstützte.

 

“NEVER GIVE UP”

 

Es ist sehr schwer, in der heutigen Zeit wieder auf Tournee zu gehen. Der Aufwand ist schon enorm. In alten Zeiten waren wir ein richtiges, kleines Unternehmen mit LKW, zwei bis drei festangestellten Technikern, eigener Ton- und Lichtanlage usw. Heute muß ich die Techniker mit der entsprechenden Anlage für den jeweiligen Tourzeitraum engagieren. Zunächst müssen erst einmal Veranstalter gefunden werden, die an POND Interesse haben. Und nicht zuletzt die Gage. Eine staatlich festgelegte 'Standardgage' wie früher gibt es nicht mehr. Das alles hat viele Vorteile, aber auch Nachteile. Man muß jetzt für sich und seine Gruppe den richtigen Modus finden, dies alles unter einen Hut zu bringen. Gerade für die Sparte der elektronischen Instrumentalmusik ist die Konzertlandschaft sehr schwierig. Auch das Geld, die Finanzierung des Unternehmens spielt heutzutage eine immer größer werdende Rolle. Auch ich fahre nicht für'n Appel und 'nem Ei Hunderte von Kilometer durch die Botanik. Ohnehin kann oder besser gesagt will  POND aus musikdramaturgischen Gründen nicht zu jeder Gelegenheit spielen. Sogenannte 'Bockwurschtfeten' sind nichts für diese musikalische Spielart. Selbst die Protagonisten dieser Elektronischen Instrumentalmusik wie TANGERINE DREAM, KLAUS SCHULZE oder KRAFTWERK spielen außerordentlich selten und sind auf der ganzen Welt berühmter als im eigenen Land. Hinzu kommt, daß man POND höchstens  im Osten der Republik kennt. Also bleiben einem nur ausgesuchte, aber dann wirklich interessante Events übrig, die es zu eroieren gilt. Im Gegensatz zu früheren Zeiten muß man nun mit all den großen Stars der Welt konkurrieren. Das ist ein Unterfangen und gleicht dem Kampf David gegen Goliath. Aber man muß sich ihm stellen, wenn man denn will .Ganz so einfach war es zu DDR-Zeiten allerdings auch nicht, obwohl die 'Käseglocke' alle Künstler vor der großen, kalten erbarmungslos kämpfenden Außenwelt 'schützte'. Es war ein eigener Biotop. Dieser hatte aber auch den Nachteil, daß vieles zu provinziell gesehen wurde,künstlerische Inzucht und Mittelmaß keimen ließ und ein reales Überleben in der richtigen, harten, internationalen Welt kaum ermöglichte. Selbst unsere größten und besten Künstler von einst schaffen, wenn überhaupt, nur die Neufünfländer zu begeistern. An den alten, neuen Territoriumsgrenzen hören die Popularität der Ex-DDR-Stars und das Interesse der dort lebenden Bevölkerung auf. Es gibt sie eben noch, die Vorurteile und vielleicht jetzt noch mehr als früher. Und dies im Jahre Zwölf nach der Einheit. Und dennoch. Wer wirklich künstlerisch arbeiten will, sollte sich nicht beirren lassen und weiter kämpfen. Wenn ich eines gelernt habe, dann niemals aufzugeben!

 

“UND IMMER, IMMER WIEDER GEHT DIE SONNE AUF”

 

Mittlerweile sind die Prioritäten im Privat- und Berufsleben auch anders gesetzt. Immerhin sind, wie schon erwähnt, seit der Wende zwölf Jahre ins Land gegangen, ich habe musikalisch und organisatorisch gesehen alles durchlebt - auch in dieser neuen Zeit. Ich muß nun nicht wirklich unbedingt mit aller Macht dieses oder jenes musikalische Projekt durchsetzen. Ich leiste mir den Luxus, daß ich das tue, worauf ich Lust und Laune habe. Bin also keinerlei Zwängen musikalischer, materieller oder sonstiger Art ausgesetzt, die einem das Arbeiten sehr erschweren können. Es gibt eben ein Leben nach - oder besser - neben der Musik. Vieles hat sich verändert. Nach der jahrzehntelangen Hatz von Tournee, Probenraum, Studio, Platte, Tournee... ist vieles zu kurz gekommen, manches sogar auf der Strecke geblieben. Dieses oder jenes kann jetzt nachgeholt oder neu angefangen werden. Die Kinder sind groß und leben ihr eigenes Leben. Unser Hobby ist das Reisen, so daß meine Frau und ich regelmäßig die Hauptstädte der Welt erkunden, um danach wieder in Ruhe an weiteren Projekten zu arbeiten. Dies gibt einem eine gewisse Übersicht, macht den Kopf frei. In Zeiten, in denen kurzlebige 'Möchtegernstars' hochgezüchtet werden, die weder singen, tanzen oder noch etwas anderes können, bleibt ohnehin die Frage nach dem Sinn künstlerischen Schaffens. Einzig und allein muß ich mir selbst Rechenschaft ablegen über meine geleistete Arbeit und meine selbstauferlegten hohen Maßstäbe, die es gilt, zumindest ansatzweise zu erreichen.

 

“THE SHOW MUST GO ON”

 

Und trotzdem, etwas wehmütig schaue ich schon auf meine musikalischen Hochzeiten zurück. Ohne jedoch nostalgisch oder gar ostalgisch zu denken. Einfach nur so aus der Erinnerung. Es ist alles viel ruhiger, beschaulicher geworden, ja ich kann sogar von einem sukzessiven Rückzug aus der Live-Musiklandschaft reden, da POND seit 1994,  abgesehen von ein paar Ausnahmen, nicht mehr live tätig wurde. Aber gerade diese Livetätigkeit macht den Reiz des Musizierens aus, macht die Musik lebendig. Dieses Gefühl bekommst du nur auf der Bühne. Auch Verkäufe von Tonträgern wiegen diesen Akt nicht auf. Wenn du das einmal erlebt hast, kommst du nur sehr schwer davon los.

Zur Zeit arbeite ich an verschiedenen musikalische Projekten in meinem neu eingerichteten Studio, habe aber dennoch den Wunsch, gelegentlich wieder Konzerte zu geben. Aber eben ausgesuchte Konzerte, wo nicht der schnöde Mammon im Vordergrund steht, sondern der Spaß (wobei die Gage aber auch stimmen muß). Das klingt ziemlich klischeehaft und abgedroschen, aber ich kann es mir aussuchen. Aber nur deshalb, weil ich geschäftlich unabhängig bin und recht erfolgreich in andere Firmen investierte. Kommerzieller Erfolg ist eben heutzutage enorm wichtig und ermöglicht einem erst das Hobby Musik. Früher war das eher umgekehrt.

 

NACHWORT

 

2003 feiert POND sein 25jähriges Bühnenjubiläum,welches durch ausgewählte Konzerte seinen Höhepunkt finden wird.Altbekannte Hits wie "Planetenwind","Jumbo" und "Sturmglocke" wechseln mit Material des aktuellen Albums "transPONDer" -kurz : das Beste aus 25 Jahren POND. Ein Hauptbestandteil der CD - wie auch des Live-Konzertes - wird das klassische Mussorgsky-Werk "Bilder einer Ausstellung" in der Bearbeitung von Emerson,Lake und Palmer sein,welches von POND (wiederholt) editiert wurde. Bereits 1979 führte POND das Werk gemeinsam mit dem Cottbuser Sinfonieorchester auf. Der "alte" und zugleich "neue" Mann bei POND ist Harald Wittkowski,der bereits von 1981 bis 1988 mit mir musizierte.Fast zwei Jahre arbeiteten wir an unserem neuen Konzertprogramm und unserem neuen Album.Parallel dazu schrieb ich dieses POND-Buch. Die Idee,CD und Buch in e i n e r Verpackung zu veröffentlichen,gefiel mir sehr gut und ist gewissermaßenwieder etwas 'Besonderes',verlangte aber viel Engagement und Know how.Auf jeden Fall liegt nun meine 'Birthday-Box' rechtzeitig zum 25-jährigem Bühnenjubiläum auf dem Geburtstagstisch und ich bin mächtig stolz darauf. Noch ein paar Worte zur Titelzusammenstellung des Albums .Das Repertoire der Scheibe stellt in gewissem Sinne eine musikalische Retrospektive meines bisherigen künstlerischen Schaffens dar.In diesen Titeln spiegeln sich meine Vorlieben für mannigfaltigste Spielweisen der Rock und Popmusik wider.Von Hardrock-und bluesartigen Elementen(You are young, Blueser) über Werke mit Filmmusikcharakter (Androidwar,Twin Towers Tragedy),Spielmomente der typischen Elektronischen Instrumentalmusik der 'Berliner Schule'(Yeahr Twothousend,Cyclos) bis hin zu Stücken,die,wie alle POND-Titel, programmatische Grundideen beinhalten (Beginning,Planetenwind). Nicht vergessen möchte ich auch die Einflüsse der Folklore (Irish Dreams) und vor allem der Klassik (Pictures at an Exhibition).

Bei der Anordnung der Titel ging ich spontan und intuitiv vor.Dabei bemerkte ich,daß diese Aneinanderreihung der Werke (außer Bilder einer Ausstellung) die chronologische Entstehungsgeschichte der PONDmusik widerspiegelt.

 

Info's zu den einzelnen Werken:

 

1. Beginning                                    (1979/2002)  war eine meiner ersten Kompositionen,die zusammen mit Manne und Frank arrangiert  wurde.

     Fuchs/Hennig/Gursch                        Eröffnung unserer  Livekonzerte.

2. Yeahr Twothousend                     (1980/2002)  wurde 1980 in Güstrow uraufgeführt und live im Rundfunk übertragen.

    Fuchs/Hennig                                            Erster Titel,der 'rein elektronisch' erzeugt gespielt wurde.

3. Planetenwind 2002                     (1982/2002)    Erster im Rundfunk produzierter Titel. Erlang Hit-Status.Erfolgreichster

    Paule Fuchs                                     Pondtitel.'Durchbruch' für die Gruppe.Gleichnamige Debut-LP.

4. Blueser                                        (1990) Komponiert von Paule,Franky und Sascha Fuchs für die

    P,F.&S.Fuchs                                  Europameisterschaften im Eiskunstlaufen.

5. Androidwar                                 (1999)  Mein erster produzierter Titel im neu eingerichteten Studio.Leitet eine

    Paule Fuchs                                    neue Pond- Ära ein. Komponiert für SF-Film.

6. Cyclos                                         (2000) Pondtypischer Titel im Gewand der Elektronischen Musik der 'Berliner

    Paule Fuchs                                   Schule'

7.  Twin Towers Tragedy               (2001) Eine Hommage an die Opfer und deren Hinterbliebenen der furcht-

    Paule Fuchs                                    baren Ereignisse des 11.September 2001.

8. Irish Dreams                               (2002) Der 'Trommler bricht durch'. Verstärkt kommem wieder Drums und

    Fuchs/Wittkowsky                           Percussion zum (Live) - Einsatz.

9. You are Young                             (2002) Meine Vorliebe zum Hardrock wird wiederentdeckt.Harte Töne im

     Paule Fuchs                                   Mix mit Elektronischer Instrumentalmusik.Interessante Symbiose.

10./15.Bilder einer Ausstellung       (1979/2002) Bereits 1979 mit dem Cottbuser Sinfonieorchester aufgeführt. Nun in

     Mussorgsky/E.L &.P                       einer moderneren Bearbeitung von Emerson Lake.&Palmer.

 

Wie sage ich doch hin und wieder in einer der POND-KONZERT-Ansagen ? : Ich wünsche uns allen ein tolles Konzert !

 

In diesem Sinne  viel Spaß beim Lesen und Hören !

 

Wolfgang (Paule) Fuchs    ,   Sommer 2002

 

Wenn ich daran noch denke,

 

daß ich ständig Geld sparen mußte, um neues Instrumentarium unter größten Schwierigkeiten zu besorgen, welches ein Jahr später schon wieder veraltet war,

daß man ständig, aber auch ständig Ärger mit dem Tourbus hatte,

daß man rastlos den Tourneen hinterher jagte,

daß man Ostern, Pfingsten, Weihnachten, Sylvester und an so mancher wichtigen Geburtstagsfeier nicht zu Hause sondern wie üblich auf Tour war,

daß einem 500 Konzertbesucher auf den ausgestreckten, dicken Hintern guckten, wenn ich meine fünf Töne am Sequencer einstellte,

daß man mich stets argwöhnisch und verachtend ansah, wenn ich morgens mit verquollenen Augen und leichter Alkoholfahne meine lieben Hausmitbewohner traf, als sie zur Arbeit gingen und in ihren Sprechblasen das Wort “Penner” lesen konnte,

daß man mir aber vier Monate später bei der gleichen Prozedur freundlich die Tür aufriß und mir einen ”recht schönen guten Morgen” wünschte, nur weil es plötzlich Langspielplatten von POND im Musikgeschäft zu kaufen gab und weil Frank und Sascha in der Samstagabendsendung EIN KESSEL BUNTES auftraten und darum in der 'wichtigen' Zeitung NEUES DEUTSCHLAND abgebildet waren...

 

...all dies sehe ich heute mit Schmunzeln und Genugtuung und stöhne leise vor mich hin:       “Ach war das schön!”

 

 

 

 

 

 

POND   *   DISCOGRAPHIE         PONDerosa Records  (PER)

 

 

PLANETENWIND  AMIGA 1984 (LP/CD) * 1990 (CD)

Zeitmaschine/Cassiopeia/SuperNova/Planetenwind/Galaxis/Abschied/Megapond/Kalimba/Hoffnung/Credo/Jumbo-Sturmglocke/GelberFluß

 

AUF DER SEIDENSTRAßE AMIGA 1986 (LP)        * 2000 (CD) PER

Chinatown/Gelber Fluß/Seidenstraße/Kaiser Wudi/Gruft der Ahnen/China Stones/Pagode/Galaxis/Abschied/Megapond-Kalimba/Hoffnung/Credo/Hildegard von Bingen (Bonustrack)

 

MASCHINENMENSCH  AMIGA 1990 (LP/CD) * 1998 (CD) PER

Kenia/Maschinenmensch/Cosmorama/Drummerman/Percussion/DasLiedvomTod/Winterland/Odyssee/Futuria/Hymne (Bonustrack)

 

SPACE WALKS   PER       1993 (CD)

Galactic Excursion/Space Light/Imagination of Dreams/Paradise Island/Moon Flight/Orbit/Space Walks/

Wind of Planet

 

FROHE WEIHNACHT  PER       1993 (CD)

O Tannenbaum/Süßer die Glocken nie klingen/Leise rieselt der Schnee/Bald nun ist Weihnachtszeit/Morgen Kinder wird's was geben/Morgen kommt der Weihnachtsmann/Fröhliche Weihnacht überall/Laßt uns froh und munter sein/

Stille Nacht, heilige Nacht/Alle Jahre wieder/Vorfreude, schönste Freude/Schneeflöckchen, Weißröckchen/Guten Abend, schön Abend/Vom Himmel hoch/Soviel Heimlichkeit/Am Weihnachtsbaume/Es ist ein Ros' entsprungen/O du Fröhliche/Kling Glöckchen- Ihr Kinderlein kommet

 

BEST OF POND  GOLD EDITION PER       1998 (CD)   (auch in der Form-Box erhältlich)

Jumbo-Kenia-Futuria-Kalimba-Galactic Excursion-Hoffnung-Sturmglocke-Abschied-Paradise Island-Hildegard von

Bingen-Winterland-Planetenwind


TransPONDer / Das POND-Buch     
PER        2002 (Birthday-Box)   

Beginning - Yeahr Twothousend -Planetenwind 2002 - Blueser - Androidwar - Cyclos - Twin Towers Tragedy-Irish Dreams-

You are young -                                                                                                                                                                                                             Promenade - The Gnome - Promenade 2 - The Sage - The Hut Of Baba Yaga - The great Gates of Kiev -

 

Das POND-Buch : Wolfgang (Paule) Fuchs - "staatlich geprüfter Rockmusiker" ; Werdegang,Geschichten und Alltag eines

Rockmusikers in der Ex-DDR.

 

COMPILATION

DAS ROCK-ALBUM  *  KLEEBLATT  *  ELECTRONIC RHYTHM  * ELECTRONIC DREAMS  *    LOOKING EAST -ELECTRONIC EAST * DT 64 ELECTRONICS * FEDERLEICHT * BERLIN '90 ELECTRONIC SAMPLER

 

PRODUKTIONEN PONDerosa RECORDS

AUF DER SEIDENSTRAßE  *  MASCHINENMENSCH  *  SPACE WALKS  *  FROHE WEIHNACHT  *

 BEST OF POND  * TRANSPONDER *  DIE GUMMIBÄREN  *  GO, HENRY, GO  * SUPER-HARIBO-SONG  *  TRUE LOVE NEVER DIES* DAS BUMMI - LIED * You are young *

 

MITWIRKUNG   FREMD-LABELS

LIED VOM TOD (Dance Street) * MOVIE MASTER MIXES (Sony) * NICE LIVE (Dance Street)  * WE ARE LIONS (Shift) * TECHNO-PARTY (BMG) * TECHNO GOES TO HOLLYWOOD (SONY) * MELODY-DANCER

(ZYX) * MOVE YOUR ASS (RAMS HORN) * PURE ENERGY (ARCADE) * TECHNO-HOUSE-PARTY (BMG) *

 

POND-EQUIPMENT   *   LIVE- und STUDIO-EINSATZ

POLYMOOG  *  MINIMOOG  *  ROLAND SH 1  *  ROLAND PRO MARS  *  ROLAND SEQUENZER MODELL 104  *  ARP ODYSSEE  *ROLAND VOCODER VC 305  *  ROLAND JX 8P  *  KORG POLY 61* KORG DW 8000  *  YAMAHA DX 7  *YAMAHA MOTIF 8* ROLAND S 50  *  ROLAND D 50  *  EXPANDER YAMAHA TX 802  *  YAMAHA PTX DRUMCOMPUTER  * ROLAND JV 2080  *  ROLAND S 30  * ROLAND FANTOM * ROLAND XV 3080* AKAI S3000i  *  REMOTE KORG .RK 100.  *  CASIO AZ 1.*CRUMAR BIT ONE *  HOHNER STRING  *HOHNER D 6  * HAMMONDORGEL M 100  *  FENDER PIANO  77  *  RHYTHMUSCOMPUTER DRUMTRAKS SEQUENTIAL CIRCUITS  *MFB 501  *  MFB 601 DIGITALSEQUENZER  *  KORG SQD 1 DIGITALSEQUENZER  *  COMPUTERSYSTEM ATARI  *COMPUTERSYSTEM STEINBERG CUBASE SOFTWARE  *DRUMS  HAYMAN : 2 Bdr - 1 Sn - 3 13” Tom - 2 16” Tom - * HI HATSOUND EDGE  * SEVEN SOUND SET * PAISTE GONG 45 cm PAISTE GONG 96 cm * KIRCHENGLOCKE 65 Kg BRONCE  *E-DRUMS YAMAHA PTX 8 PADS  *

 

 

IMPRESSUM

Wolfgang (Paule) Fuchs : "Staatlich geprüfter Rockmusiker"

Werdegang,Geschichten und Alltag eines Rockmusikers in der Ex-DDR

 

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt . Jede Verwendung,die über den Rahmen des Zitatrechtes bei vollständiger

Quellenangabe hinausgeht,ist honorarpflichtig und bedarf der schriftlichen Genehmigung des Verlages.

 

BILDNACHWEIS

 

 

 Titelfoto von ..H.Müller.................

 Alle Fotos : Privatarchiv,  außer Seite 

 B.Müller   :31,35,37,42,55

 B.Dietze   :11

 W.Sobbe   :32,52

 K.Winkler   :44,68

 H.Müller   :51,67

 J.Büttner   :59,65

 G.Gueffroy              :14,95,100

 Briesemeister              :83

 H.Schulze   :23,25

 

 

   KONTAKT

 

 

 Gruppe POND oder PONDerosa Records über:

 

 Anschrift:   Rosa Luxemburg Str. 3 ,D - 16341 Schwanebeck

 Telefon:   030  /  9462134

 Fax :        030  /  94396972

 E-Mail :   pond @PONDerosa - Records.de

 Web :      www.PONDerosa - Records.de

 

 

   DANK

 

 

 Danke an alle, die bei POND mitwirkten und an alle, die die Gruppe unterstützten.